Kombinierte Nutzung: Wie sich Weidefläche für Photovoltaik-Anlagen nutzen lässt

Seite 3: Agriphotovoltaik in anderen Ländern längst im Einsatz

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Allein in Niedersachsen sind ihren Berechnungen zufolge 563.000 Hektar naturverträglich nutzbar. Darauf könnten nach derzeitigem Stand der Technik 614 Terawattstunden pro Jahr erzeugt werden. Das ist mehr als der Jahresverbrauch in ganz Deutschland. „Allein die politischen Rahmenbedingungen hemmen noch den Ausbau.“ So seien zwar die Gemeinden für die Ausweisung von Freiflächenanlagen verantwortlich, doch die hätten gar nicht den Überblick darüber, welche Flächen sich eher für die Landwirtschaft oder für die Energieerzeugung eignen. „Die Zuständigkeit sollte deshalb bei der Regionalplanung liegen“, so van Haaren.

Auch für Solarkraft auf herkömmlichen Ackerflächen gibt es eine Lösung: die sogenannte Agriphotovoltaik (APV). In Ländern wie Niederlande, Frankreich und den USA sind solche Anlagen längst im regulären Einsatz, in Deutschland bislang nur vereinzelt. Hierzulande werden sie vor allem vom Fraunhofer ISE propagiert und weiterentwickelt. Statt in Bodennähe werden die Solarmodule dabei in gut fünf Metern Höhe auf Stelzen installiert, sodass selbst große Mähdrescher noch unter ihnen hindurchfahren können. Die Solarzellen weisen genügend Abstand auf, um Licht durchzulassen. Alternativ gibt es auch senkrecht aufgestellte Solarmodule in Ost-West-Ausrichtung. Sie stehen schmal zwischen den Ackerfurchen und fangen auf beiden Seiten das Sonnenlicht ein.

Beide Varianten gehen mit leichten Ertragseinbußen bei den Nutzpflanzen und beim Solarstrom einher. Aber Versuche auf Testgeländen des ISE zeigen: Gut 80 Prozent des Feldertrags und 80 Prozent des Stromertrags sind möglich. Zusammen lässt sich also die Produktivität der Fläche auf 160 Prozent steigern. Bestimmte Kulturen profitieren sogar von der Verschattung, etwa Sellerie, Winterweizen und Kartoffeln. Und auch im Obst- und Weinbau, bei Spargel, Hopfen und Bärlauch versprechen sich Experten eher Vor- als Nachteile. Denn dort müssen die Bauern und Winzer ohnehin immer häufiger Folientunnel oder Hagelnetze einsetzen, um ihre Kulturen vor den zunehmenden Wetterkapriolen zu schützen. „Wir führen zurzeit Versuche auf Apfelplantagen durch, um zu sehen, wie groß diese Synergieeffekte sein können“, sagt Andreas Steinhüser, APV-Projektmanager beim ISE. Der Grad der Beschattung etwa lässt sich durch entsprechende Konstruktion der Anlage an die jeweilige Kultur und die Umstände der Anbaufläche anpassen.

Nachteile der APV sind die deutlich höheren Baukosten: Die Unterkonstruktion kostet rund 400 statt 70 Euro pro Kilowatt. Außerdem verliert ein Bauer zurzeit noch seine EU-Subventionen, wenn er sein Feld mit Photovoltaik überspannt, weil die Fläche dann rechtlich als versiegelt gilt. „Das gehört dringend neu geregelt“, sagt Steinhüser. Mieritz, Arnold und von Haaren sind sich darin einig, dass man zunächst tunlichst andere Flächen für die Photovoltaik nutzen sollte, bevor man zur Agriphotovoltaik greift. Dem schließt sich ISE-Experte Andreas Steinhüser prinzipiell an. Aber er hält es „leider für fraglich“, ob die besser geeigneten Flächen tatsächlich alle genutzt werden können.

(jsc)