LNG und grüner Wasserstoff: Warum der Notfallplan eine große Zukunftschance ist

Seite 3: Neuer Dialog mit den Umweltverbänden

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Dagegen dürften Umweltverbände ja eigentlich nichts haben. Im Moment könnten sie den ambitionierten Zeitplan aber erst mal ins Wanken bringen. Sie wollen sich persönlich für den Dialog einsetzen. Gibt es schon erste Ergebnisse?

Wir hatten vor Kurzem ein jährliches Gespräch mit den Umweltverbänden in meiner Funktion als Vorsitzender der Umweltministerkonferenz der Länder. Zum ersten Mal gab es einen echten Dialog, in dem wir offen über diesen Konflikt gesprochen haben. Und das ist auch notwendig, denn es geht ja beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit Blick auf Artenschutz um ganz Ähnliches. Politik und Verbände haben vereinbart, dass wir jetzt nicht mehr einmal im Jahr zwangsweise als Pflicht zusammenkommen, sondern dass wir den Dialog gleich nach der Sommerpause fortsetzen und ins Detail einsteigen. Ich habe großes Verständnis, dass die Verbände ihrer Rolle und Aufgabe gerecht werden und hinterfragen, was wir da tun und in welcher Geschwindigkeit wir es tun. Das ist die notwendige Funktion, die Umweltverbände haben. Auf der einen Seite bremsen sie, dass wir nicht übers Ziel hinausschießen, auf der anderen Seite erkennen wir aber auch, dass die Umweltverbände im Moment ein ganzes Stück respektieren, dass das, was wir machen, notwendig ist. Und wir haben umgekehrt die Aufgabe, viel besser zu erklären, was wir eigentlich vorhaben. Im besten Falle entsteht so ein gemeinsamer Weg, wie wir das in Niedersachsen mit dem Niedersächsischen Weg für Umwelt- und Artenschutz zusammen mit der Landwirtschaft auch geschafft haben. Es war ein mühseliger Prozess, mit ganz vielen Gesprächen und Diskussionen, aber einem einstimmigen Beschluss des Landtages am Ende – und genauso muss das hier auch sein.

Ganz am Anfang sprachen wir über das schon vor dem Ukraine-Krieg festgelegte Ziel Niedersachsens, Wasserstoffland Nummer 1 zu werden. Hat die Weltlage das Erreichen des Ziels vielleicht sogar vereinfacht? Oder muss über Flüssigerdgas ein eigentlich nicht geplanter, ziemlich großer Umweg genommen werden?

Der schlimme Angriffskrieg mit all den Auswirkungen für die Menschen in der Ukraine, aber auch mit spürbaren Auswirkungen bei uns, beschleunigt den Prozess, unabhängig zu werden. Die beste Form der Unabhängigkeit ist die erneuerbare Energie, weil wir dann keine Rohstoffe mehr brauchen. Eng verbunden damit ist auch die Frage des grünen Wasserstoffs, den wir – wenn ich an Wilhelmshaven denke – dort nicht nur importieren, sondern auch selbst erzeugen wollen, weil dort eine große Menge erneuerbarer Strom ankommt. Wir wollen dort zusammen mit dem Import von grünem Wasserstoff und der Speicherung in den Kavernen in der Region die Energiedrehscheibe 2.0 entwickeln – ein Tor für erneuerbare Energie für ganz Deutschland. Die Notwendigkeit, sich nicht weiter auszuruhen auf dem fossilen Gas, weil es verlässlich kommt und so schön billig ist, erhöht auch die Geschwindigkeit einer echten und als Chance begriffenen Transformation hin zu grünem Strom, grünen Gas und damit zu echtem Klimaschutz. Das ist diese konstruktive Form des Drucks. Aber es ist gleichzeitig erschütternd, dass erst ein Krieg, unter dem die Menschen in der Ukraine so sehr leiden, bei uns das Verständnis erhöht, dass wir selbst agieren müssen. Bislang sahen Teile der Gesellschaft jedes Windrad am Horizont eher als Horizontverschmutzung oder sprachen von Verspargelung der Landschaft. Das sind für mich Begriffe aus der Vorkriegszeit. Vielleicht ist es so, dass auch wir jetzt in großen Teilen begriffen haben: So geht es nicht weiter. Und die Erneuerbaren werden jetzt zu einem Symbol für Frieden und Freiheit.

(mki)