Akkus: Warum sich Lithium-Ionen-Batterien selbst entladen

Ein Zersetzungsprodukt von PET-Folien wirkt als Redox-Shuttle und sorgt für langsame, aber stete Selbstentladung von Lithium-Ionen-Batterien.

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Bunte AA-Batterien

(Bild: Roland Magnusson / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

100, 99, 98, 97 Prozent – selbst in ausgeschalteten Laptops und Smartphones verlieren Batterien einen kleinen Teil des gespeicherten Stroms. Eine Ursache für diese unerwünschte Selbstentladung von Lithium-Ionen-Akkus haben nun kanadische Wissenschaftler um Michael Metzger von der Dalhousie Universität in Halifax, Kanada, gefunden. Sie präsentieren sie im "Journal of The Electrochemical Society": Schlichtes Klebeband, das die Elektroden zusammenhält, zersetzt sich bei Wärme und bildet sogenannte Redox-Shuttles. Diese Moleküle können Elektronen an der Kathode aufnehmen und zur Anode transportieren. Dadurch verringert sich langsam, aber stetig, der Ladezustand der Akkus.

In zahlreichen Experimenten haben die Forschenden handelsübliche Lithium-Ionen-Batterien auf der Basis von Lithiumeisenphosphat (LFP) und Nickelmangankobaltoxid (NMC811) untersucht. Gerade mit zunehmender Temperatur zwischen 25 und 70 Grad Celsius stellten sie eine kontinuierliche Selbstentladung fest. Dabei wunderten sie sich über eine kräftige Rotfärbung des flüssigen Elektrolyts. Diese Flüssigkeit blieb bei Raumtemperatur klar transparent, färbte sich bei 55 Grad leicht bräunlich und bei 70 Grad schließlich blutrot.

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Chemische Analysen offenbarten die Ursache für die Färbung. Es handelte sich um das Molekül Dimethylterephthalat (DMT), einem Zersetzungsprodukt des weit verbreiteten, günstigen und stabilen Kunststoffs Polyethylenterephthalat (PET). In den elektrochemisch aktiven Komponenten einer Batterie wird PET allerdings nicht verwendet. Doch fündig wurden Metzger und Kollegen beim Klebeband, das die einzelnen Elektroden der untersuchten Batterien zusammenhielt. "Das hätten wir niemals erwartet. Denn niemand schaute bisher auf die inaktiven Komponenten einer Batterie", sagt Metzger.

Diese Entdeckung könnte nicht nur für Konsumenten, sondern auch für die Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus von sehr großer Bedeutung sein. Denn Metzger vermutet, dass heute PET-Klebefilme in sehr vielen Batterien genutzt werden. Die Hersteller selbst geben solche Details ihrer Fertigungsprozesse allerdings nicht preis. "Daher öffnen wir derzeit kommerzielle Batterien von allen verfügbaren Typen in unserem Labor und analysieren die chemische Zusammensetzung der Klebefilme", sagt Metzger. Sein erster Eindruck: "PET ist überraschend üblich."

Detaillierte Ergebnisse dieser Reihenuntersuchung wollen die Wissenschaftler sehr bald veröffentlichen. Spätestens dann ist ihnen die Aufmerksamkeit der verschiedenen Batterie-Hersteller gewiss. Aber Metzgers Experimente zeigten auch, dass die Bildung der unerwünschten Redox-Shuttles durch den Zusatz von etwas Vinylencarbonat in den flüssigen Elektrolyten unterdrückt wird.

Sollte diese einfache Lösung nicht ausreichen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Fertigungslinien auf Klebefilme aus anderen, weniger kritischen Kunststoffen umgestellt werden. Noch ist nicht abzusehen, welche Materialien das genau sein werden. Verantwortungsvolle Hersteller werden kaum auf zahlreiche Vorversuche verzichten, um nicht wieder von unbeachteten Wechselwirkungen zwischen einem schlichten Verpackungsmaterial und dem funktionellen Teil einer Batterie überrascht zu werden.

(jle)