Missing Link: Das (Patent-)Rennen um mRNA-Technik für Medikamente und Impfstoffe
Die Patentstreitigkeiten um die mRNA-Technologie sind in vollem Gange. Wer das Rennen am Ende gewinnt, ist nicht abzusehen. Die Verlierer stehen bereits fest.
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(Bild: Corona Borealis Studio/Shutterstock.com)
Experten sagen, es war nur eine Frage der Zeit. Aber jetzt ist das Hauen und Stechen um Geistige Eigentumsrechte rund um mRNA-Impfstoffe eröffnet. Könnte mRNA am Ende durch diese Patentstreitereien sogar eine offenere Technologie werden, weil Patente im großen Streit für ungültig erklärt werden?
Hauen und Stechen um mRNA Plattform entbrannt – wem nützt’s?
Ende August verkündete das US-Biotechunternehmen Moderna an, dass es Pfizer und BioNTech vor Gerichten in Deutschland und den USA verklagt habe. Die Konkurrenz habe zur Herstellung des Covid-Impfstoffs Comirnaty Moderna-Patente verletzt. Diese Klage ist die vorerst letzte in einer ganzen Reihe von Patentverletzungsklagen. Es geht dabei um viel Geld und vielleicht mehr noch um die Positionierung im Markt von mRNA-Medikamenten. Streiten sich die Firmen ordentlich, besteht zumindest die Chance, dass die Zukunftstechnologie am Ende offener und mehr Forschern und Entwicklern zugänglich wird.
Am 26. August teilte Moderna mit, dass es vor dem United States District Court for the District of Massachusetts und vor dem Landgericht Düsseldorf Klage gegen BioNTech und Pfizer erhoben hat. Nur wenige Wochen zuvor hatte die Tübinger CureVac Klage in Deutschland gegen die beiden großen Konkurrenten erhoben. Letztere wehren sich mittlerweile mit einer Feststellungsklage in Deutschland, den USA und vor dem High Court in England. Mit dem während der Pandemie zwischen den drei großen mRNA Herstellern gehaltenen Burgfrieden ist es also vorbei.
Wie hart die Auseinandersetzung im Rennen um Covid-Impfstoffe, aber wohl mehr noch um die Zukunftstechnologie mRNA-Plattform ist, haben dabei längst die Klagen weiterer Unternehmen in den USA gegen die großen Profiteure öffentlicher Covid-Impfstoffkampagnen, BioNTech/Pfizer und Moderna, gezeigt.
(Bild: Grafik von Dan Shores)
Spitze des Patenteisbergs
Moderna argumentiert in seiner Klage von Ende August, Pfizer und Biontech hätten bei der Auswahl ihres Impfstoffs intern auf einen Kandidaten gesetzt, der die gleiche chemische Modifikation aufweise wie Modernas Spikevax-Impfstoff. Laut einer ersten Analyse von Science-Autor Derek Lowe geht es dabei wohl um den Trick, den Ribonukleinsäure-Bestandteil Uridin abzuwandeln und ein "Pseudouridin" zu verwenden, weil sich gezeigt hatte, dass mRNA-Impfstoffe dadurch höhere Transkriptionsraten und niedrigere Impfabwehrreaktionen aufweisen. Im Zentrum des Streits steht 1-methylpseudouridin.
Diese Idee, so meint Lowe jedoch, stamme wie eine Reihe weiterer grundlegender Ideen von den an der University of Pennsylvania mRNA-forschenden Wissenschaftlern Katalin Kariko und Drew Weissmann. Kariko ist seit 2013 bei BioNTech und hat als Reaktion auf die Moderna-Klage auf ein entsprechendes früheres Patent hingewiesen.