Missing Link: Die Sicherheit und Zukunft der Energieversorgung

Seite 4: Funktion der Netzbetreiber

Inhaltsverzeichnis

Welche Funktion haben die Netzbetreiber da noch?

Ohne Netzbetreiber geht es nicht, weder auf der Übertragungsnetz- noch auf der Verteilnetzebene. Du kannst ja auch nicht Telekommunikation ohne Kabel machen. Einige Leute sagen: Wir wollen das Netz gar nicht haben, wir zahlen keine Gebühren dafür, wir machen uns stromautark. Ok. Wenn jemand eine PV-Anlage hat plus Speicher und sich dann vom öffentlichen Netz physikalisch trennt – dann wäre das verständlich. Aber so ist es ja nicht. PV-Anlagen sind fast immer an das öffentliche Netz angeschlossen, sie speisen Strom ins Netz – und umgekehrt fließt an den meisten Stunden im Jahr Strom rein. Dieser Aspekt wird von vielen ausgeblendet.

Das bedeutet, trotz beziehungsweise gerade wegen der ganzen Dezentralität muss man das Netz ausbauen und internationalisieren. Denn der Transportbedarf wächst, je mehr Erneuerbare wir haben an den Standorten, an denen die Bedingungen gut sind. Und all das muss solidarisch über Netzentgelte von allen bezahlt werden, da können sich nicht einzelne ausklinken, weil sie ein wenig eigenen Strom erzeugen.

Aber grundsätzlich ist es natürlich gut, dass sich jetzt auch jeder Normalverbraucher ein kleines Balkonkraftwerk installieren kann. "Power to the masses", lautet die Devise. Dahinter steht das gleiche Muster wie in der IT-Revolution: Anfangs gab es Mainframes. IBM hat geschätzt, wir brauchen maximal sechs Computer weltweit. Heute hat jeder mit dem Smartphone so ein Ding in der Hosentasche. Aber auch diese Entwicklung führte dazu, dass die Übertragungswege – ob Breitbandkabel, Glasfaser oder Mobilfunk – massiv ausgebaut werden mussten.

Zurück zu Wärmepumpen. Die gelten mit als Ausweg aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Ist das Hype?

Das ist die gleiche Logik: Entscheidend ist, wie netzdienlich sie sind. Wir sprechen hier von Sektorenkopplung. Die Wärmewende schaffen wir nur, wenn wir nicht mehr Moleküle verbrennen, sondern Elektronen anliefern. Es gibt ja den großen Streit: Wird Energie am effizientesten über Moleküle, also etwa durch Erdgas und Wasserstoff, oder über Elektronen, also Strom transportiert. Es ist offensichtlich: Wenn ich aus Solar- und Windenergie Elektronen erzeuge, die dann wieder in Moleküle umzuwandeln und im Haushalt zu verbrennen, ergibt keinen Sinn. Es ist viel schlauer, diese Elektronen direkt zu verwenden.

Das heißt?

Wärmepumpen transformieren Strom direkt in Wärme ohne Verbrennungsprozess. Dabei hat man zwar auch Energieverluste, weil man eine gewisse Zahl an Kilowattstunden Strom aufwenden muss, um soundsoviel Kilowattstunden Wärme zu generieren. Aber die Technik wird immer besser mit höheren Jahresarbeitszahlen, daher werden sie eine Schlüsselrolle spielen. Übrigens nicht nur in Haushalten, sondern auch für Prozesswärme. Es gibt inzwischen auch dafür Wärmepumpen, die können bis zu 220 Grad erzeugen. Das reicht jetzt nicht für Hochtemperatur, aber für einen großen Teil der industriellen Prozesse, die heute noch mit Gas befeuert werden.

Das Gute an der Wärmepumpentechnologie ist vor allem, dass man sie netzdienlich einsetzen kann. In einem Pilotprojekt mit Viessmann loten wir derzeit aus, wie man die entsprechenden Anreize setzen kann, damit Verbraucher mit ihren Wärmepumpen einen Beitrag zu Stabilität des elektrischen Gesamtsystems leisten.

(bme)