Missing Link: FAZ auf Facebook ist wie Müsli bei McDonald's

Seite 2: Ständige Konsensfindung

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Die Behauptung, der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde von der Politik wenn nicht dominiert, dann wenigstens beeinflusst, ist nicht von der Hand zu weisen. Das wurde spätestens offenbar, als der damalige Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks Helmut Oeller am 22. Mai 1986 dafür sorgte, dass die Sendung "Scheibenwischer" des Kabarettisten Dieter Hildebrandt in seinem Sendegebiet nicht ausgestrahlt wurde. Es ist aber über die meisten Parteien hinweg politischer Konsens, die beitragsfinanzierte Grundversorgung zu erhalten. Dabei wird beständig diskutiert, wie sich die demokratische Kontrolle mit dem Anspruch der Staatsferne reformieren lässt, zum Beispiel in der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Politik im Gesamten ist ein ständiger Prozess der Konsensfindung. Selbst innerhalb politischer Parteien gibt es oft Dissenz, Parteien sind keine homogene Masse. Für die Öffentlichkeit abgebildet wird diese Konsensfindung auf Parteitagen und in den Plenardebatten von demokratisch gewählten Parlamenten. Weit entfernt von jedem Verständnis dafür diffamierten die Nationalsozialisten den Reichstag als "Quatschbude". Darum sollten alle Alarmglocken angehen, wenn eine politische Partei oder Bewegung versucht, den Bundestag verächtlich zu machen.

Fraglich ist – um auf die oben genannte Umfrage zurückzukommen –, ob der journalistische Nachwuchs über die gesamte Berufslaufbahn hinweg seine politischen Überzeugungen beibehält. Woraus auch immer er es schließt, der hier zitierte Leser behauptet, ich sei "links". Mehr auf Bakunins als auf Barzels Seite war ich gewiss zu der Zeit meiner Reifeprüfung nach Jahren heftigen Generationskonflikts mit meinen konservativen Eltern. Utopien sind ein Privileg der Jugend, Realismus ist das der Erwachsenen. Nicht alles, was junge Menschen denken, ist zu verwerfender Unsinn. Lebendig gehaltene Flausen können die Erfahrung verbrämen und im Laufe der Jahre zu einer ständigen inneren Konsensfindung beitragen: "Die schärfsten Kritiker der Elche / waren früher selber welche." (F.W. Bernstein). Und selbst wenn "linke" Journalisten ihrer alten Überzeugungen treu bleiben, ist es nicht gewiss, dass sie diese frei in ihre Arbeit einfließen lassen können, denn Medienunternehmer bestimmen eine gewisse Ausrichtung und öffentlich-rechtliche Anstalten sind bestrebt, Meinungsvielfalt zu schaffen.

"In Deutschland wie auch in den USA wird die klassische Medienlandschaft von linken Angestellten in den Redaktionsstübchen extremst dominiert. Die veröffentlichte Meinung ist tendenziell einseitig und repräsentiert ca. (grob geschätzt) 50% der Bevölkerung, wobei natürlich nicht jeder tendenziell linke Bürger genau so (manchmal radikal linke) Meinungen vertritt wie manche Medien."

So wie sich die AfD durch das "Datenprojekt" der Volontär:innen in ihrem Vorurteil bestätigt sieht, der "Staatsfunk" sei "links", so setzte der ehemalige US-amerikanische Präsident Donald Trump den Kollegen von CNN und anderen Medien schon vor seiner Amtszeit und erst recht in seinen Pressekonferenzen im Weißen Haus die Eselsmütze auf und stellte sie mit dem Ruf "Fake News" in die Ecke. Korrespondenten berichten, dass sie auf Großveranstaltungen mit Trump von tausenden Menschen angeschaut und ausgebuht wurden, wenn sie auf der Bühne begrüßt wurden, und dass ihnen mulmig wurde, weil nicht wenige der Anwesenden bewaffnet waren. Gute Journalist:innen fragen sich trotz oder gerade in solchen Situationen immer noch, wie sie ihren Anspruch auf ausgewogene Berichterstattung erfüllen können.