Mit Zauberbeeren in den Ruin: Kostenfalle "Free to Play"

Der Erfolg von mobilen Free-to-Play-Games ist ungebrochen und beschert der Branche einen Milliardenumsatz. Die Spiele werden häufig von Minderjährigen gezockt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 219 Kommentare lesen
Jugendlicher mit Smartphone

(Bild: dpa, Tobias Hase/dpa/Symbolbild)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Nick Akinci
  • Joerg Heidrich
Inhaltsverzeichnis

Die Spieleindustrie konnte sich in den letzten Jahren über ein stetiges Umsatzwachstum freuen. Sie verdient am Ballerspiel zwischendurch, am interaktiven Quiz oder dem komplexen Strategiespiel.

Längst hat das Smartphone Konsolen und PCs als beliebteste Spielplattform abgelöst. Und die Zahlen sind beeindruckend: Während Spielekonsolen, Gaming-PCs und entsprechende Peripherie im Corona-Jahr 2020 den Anbietern in Deutschland rund 3,2 Milliarden Euro in die Kassen spülten, kamen die Anbieter von Games für Smartphones und Tablets in Deutschland auf rund 2,3 Milliarden Euro, eine Steigerung von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wie sich die Zahlen genau zusammensetzen, zeigt ein Blick auf die Auswertung durch "game", den Verband der deutschen Games-Branche. Danach geht der Umsatz mit mobilen Spielen nahezu ausschließlich auf In-App-Käufe zurück. Kaum noch relevant sind dagegen kostenpflichtige Spiele-Apps. Mit solchen Titeln konnte 2020 nur noch ein Umsatz von rund 11 Millionen Euro erzielt werden, also weniger als ein halbes Prozent des Branchenumsatzes.

Vor allem die sogenannten Free-to-Play-Spiele setzen auf In-Game-Käufe. Free to Play sind Titel, die kostenfrei heruntergeladen und gespielt werden können. Gemeinsam haben diese Angebote die Möglichkeit, echtes Geld in virtuelle Güter zu verwandeln. Dabei können die unterschiedlichsten Dinge erworben werden. So gehört es in einigen Games geradezu zum guten Ton, seine Figur mit einem gekauften Outfit auszustatten. Erwerben kann man auch Waffen oder Ausrüstungsgegenstände.

Üblich ist es dabei, virtuelle Währungen für das Spiel zu erwerben, sei es in Form von Edelsteinen, Coins oder Herzen. Kritisch wird diese Masche allerdings spätestens dann, wenn der Spielerfolg von dem Erwerb dieser virtuellen Gegenstände abhängt. So kann "Free to Play" schnell zu einer Kostenfalle werden.

Gehen die anfangs meist großzügig gewährten Ressourcen während des Spiels aus, müssen die Gamer bisweilen langwierige Wartezeiten in Kauf nehmen – sofern sie nicht bereit sind, für neue Ressourcen zu zahlen. Diese bewegen sich preislich je nach Game zwischen 99 Cent und bis zu über 100 Euro pro Zahlvorgang. Alternativ kann man sich bei einigen Anbietern auch Werbevideos anschauen.

Als "Pay to Win" bezeichnet man Spielkonzepte, in denen man für Geld Vorteile erwerben kann. Damit ist man anderen Spielern deutlich überlegen oder kann ansonsten unlösbare Aufgaben bewältigen. Unterm Strich haben die Anbieter derartiger Spiele inzwischen jede Menge Erfahrung darin, ihre Nutzer geschickt dazu zu verleiten, den kostenfreien Bereich zu verlassen und echtes Geld zu investieren, um den Spielverlauf voranzutreiben.

Solange Erwachsene hierfür ihr Geld ausgeben, ist dagegen juristisch nichts einzuwenden. Kritisch wird es allerdings dann, wenn Kinder und Jugendliche ins Visier dieser Angebote geraten. Obwohl sich viele Eltern der potenziellen Gefahr durch Lockangebote auf dem mobilen Spielemarkt durchaus bewusst sind, verursachen Kinder durch In-Game-Käufe immer wieder horrende Kosten. Anwaltskanzleien und Verbraucherzentralen berichten über viele Fälle mit vierstelligen Rechnungssummen, bisweilen belaufen sich die Kosten sogar auf einen fünfstelligen Betrag.

Im Spiel muss man oft spezielle Währungen wie Edelsteine oder Münzen erwerben. Gerade Kinder können dann nicht mehr erkennen, dass es sich um echtes Geld handelt.

Eltern sollten sich stets bewusst sein, dass der Fantasie von Kindern keine Grenzen gesetzt sind, wenn es um ihr Lieblingsspiel geht. Sie überwinden dabei auch technische Hürden. Derartige ungewollte Abbuchungen sollten Sie deshalb bereits vorbeugend durch eine entsprechende Konfiguration der mobilen Geräte verhindern.

Zunächst einmal sollten Sie feststellen, über welche Kanäle Zahlungen für In-App-Käufe erfolgen können, also etwa per Lastschrift, PayPal, Kreditkarte oder den Mobilfunkanbieter. Im Normalfall wird jede Transaktion über eine Mail bestätigt. Durch regelmäßige Überprüfung von Konten und Mails kann man sich bereits eine Vorwarnfunktion schaffen.

Einen sicheren Schutz vor unangenehmen Kaufüberraschungen bietet das Ausschalten von In-App-Käufen. Apple-Kunden stehen dafür umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten zur Verfügung. So können unter iOS unbeabsichtigte oder unerlaubte Käufe im App Store und in anderen Apple-Diensten blockiert werden. Möglich ist es auch, die Eingabe eines Passworts für Käufe zu verlangen. Allerdings sind diese Möglichkeiten recht gut versteckt und befinden sich wenig logisch im Menü unter dem Punkt "Bildschirmzeit". Dieser Punkt muss aktiviert werden. Über den Unterpunkt "Beschränkungen" können Sie dann die Details festlegen.

Nutzer von Android haben im Vergleich dazu nur eingeschränkte Möglichkeiten. Eine vollständige Abschaltung von In-App-Käufen ist nicht vorgesehen. Es besteht nur die Möglichkeit, für sämtliche kostenpflichtige Inhalte ein Passwort einzurichten. Einrichten lässt sich dies unter "Einstellungen/Authentifizierung für Käufe erforderlich".

Trotz der Altersfreigabe ab 4 Jahren sind bei vielen Spielen In-App-Käufe möglich. Vor der Installation sollte man die Informationen im App-Store sorgfältig studieren.

Gerade älteren Kindern sollten Sie keinen Zugriff auf Kreditkarten oder Endgeräte mit hinterlegter Zahlungsmethode geben, um sie nicht unnötig in Versuchung zu führen. Hierzu gehört auch die Einrichtung eines sicheren Passworts für Zahlungen, denn nicht selten überwindet der Nachwuchs einfache technische Zugangshindernisse, um dem Lieblingsspiel weiter frönen zu können. Schließlich empfiehlt es sich auch, das Kind darüber aufzuklären, dass es sich um "echtes Geld" handelt, wenn man Angebote anklickt, die In-App-Käufe auslösen.

Sowohl Android als auch iOS bieten ihren Kunden die Möglichkeit, versehentliche getätigte In-App-Käufe zu stornieren. Allerdings erfordert dies ein schnelles Handeln, denn die Fristen sind eng. Den Antrag kann man über ein Formular stellen, das beide Anbieter auf ihren Websites bereithalten.

Anleitungen zum Abschalten von In-App-Käufen