Mobilfunk-Netz in Eigenregie

Seite 2: Das Mobiltelefon als Schweizer Messer

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Das Red Comunitaria de Talea (RCT) nahm im April 2013 als erstes GSM-Netzwerk seinen Betrieb auf. Die Gemeinde Talea de Castro hat rund 2500 Einwohner, hauptsächlich Zapoteken; eine der mehr als 60 indigene Gruppen Mexikos. Die Ortschaft liegt zwar nur knapp 100 km von der Provinzhauptstadt Oaxaca de Juárez entfernt in der Sierra Norte. Allerdings liegen zwei fast 3000 Meter hohe Pässe dazwischen, sodass die Fahrt über 5 Stunden dauert.

In Talea gab es schon eine ganz gute Internetverbindung über Richtfunk. Vor einigen Jahren hat auch ein Telefonprovider circa 100 Festnetzanschlüsse verlegt, dann aber keine weiteren Bestellungen angenommen. Obwohl es in dem Dorf noch nie ein GSM-Netz gegeben hatte, versuchten sich, nach dem Einschalten der Basisstation über 500 Mobiltelefone einzuwählen, berichtet Ciaby, der Techniker von Rhizomatica. Jede Menge Leute, auch in abgelegenen Regionen ohne Mobilfunkversorgung haben Mobiltelefone. Diese werden zum Musik hören, als Taschenlampe, zum Spielen, als Fotoapparat oder als Wecker verwendet. Das war auch der Grund GSM-Netze zu bauen und nicht etwa WLAN-Netzwerke, wo es mit Freifunk und vielen anderen Projekten schon eine lange Tradition gibt, diese gemeinschaftlich zu betreiben. Der Preisunterschied zwischen einem günstigen Mobiltelefon und einem Computer ist immer noch eklatant, sodass es sehr wenige Computer, aber sehr viele Mobiltelefone gibt. Inzwischen registiert das RCT über 700 Mobiltelefone.

Die Basisstation von Rangenetworks in Talea de Castro mit Israel Hernández García vom Radio Dizha Kieru de Talea de Castro, einem der Initiatoren von RCT.

(Bild: Augustine Sacha)

Ähnliches geschah auch in Santa Maria Yaviche, einer weiteren Gemeinde in der Sierra Norte von Oaxaca rund 10 Kilometer über einen Berg von Talea entfernt. Dort installierten die Bewohner im Oktober mit technischer Unterstützung von Rhizomatica die zweite Basisstation in der Gegend. Bei weniger als 700 Bewohnern gab es über 100 Mobiltelefone, die sich beim Einschalten mit der Basisstation verbinden wollten. Inzwischen bekommen alle Mobiltelefone, die in die Reichweite der Basistation von Aire Zapoteco, wie das Netzwerk nach dem örtlichen Community-Radio benannt wurde eine Willkommensnachricht auf zapotekisch. Das Radio übernimmt in Yaviche die Verwaltung des GSM-Netzwerkes.

Neben dem praktischem Vorzügen für den Einzelnen sollen die Community-GSM-Netze aber auch für die Gemeinschaft Nutzen bringen: Diskutiert wird, wie das neue Mobilfunknetz die Gesundheitsversorgung verbessern kann oder wie sich mittels Mobiltelefon kommunale Erinnerungen aufzeichnen lassen. Das Projekt Los Ojos de la Milpa (Die Augen des Maisfeldes) sammelt beispielsweise Wissen über traditionelle Anbaumethoden und bewahrt es so vor dem Vergessen.