Personalisierte Online-Wahlwerbung analysiert: Transparent ist nur der Wähler

Das Geschäft mit politischen Anzeigekampagnen in sozialen Netzwerken läuft prächtig. Trotz der Skandale und Versuche, bestimmte Gruppen vom Wählen abzuhalten.

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(Bild: Thorsten Hübner)

Lesezeit: 17 Min.
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Eine halbe Milliarde US-Dollar hatten Joe Biden und Donald Trump insgesamt anlässlich der US-Präsidentschaftswahlen in die Werbenetzwerke von Facebook und Google gepumpt – so viel wie nie zuvor. Denn auf den Social-Media-Plattformen finden Wahlstrategen perfekte Bedingungen, um maßgeschneiderte Botschaften an fein justierte Zielgruppen auszuspielen, die dafür besonders empfänglich sind.

Bürgerrechtler und Wissenschaftler halten solch extreme Formen des Wähler-Targetings für demokratiegefährdend, insbesondere angesichts der undurchschaubaren Empfehlungsalgorithmen von Facebook, Google & Co., die automatisiert eine Melange aus Nachrichten, privaten Posts und Werbung zusammenrühren und in allzu homogener Form als "Newsfeed" präsentieren. Skandale um Datenmissbrauch (Cambridge Analytica), Fake News und gezielte Werbekampagnen, die Afroamerikaner und Frauen vom Wählen abhalten sollten, setzten die Konzerne nach den US-Wahlen 2016 und dem Brexit-Votum gehörig unter Druck. Die daraufhin gestarteten Transparenzoffensiven sowie Maßnahmen gegen Hass und Desinformation sind in den Augen der Kritiker allerdings rein kosmetischer Natur.

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Auch deutsche Parteien verlagern die Werbung zunehmend ins Netz und analysieren Daten, um ihre begrenzten personellen und finanziellen Mittel dort einzusetzen, wo es sich lohnt: bei der eigenen Klientel nebst sympathisierenden Wechselwählern. Bereits 2017 experimentierten Kampagnenführer anlässlich der Bundestagswahl mit Microtargeting und datengestützten Hausbesuchen – allen voran die CDU und SPD, aber auch FDP, CSU und Grüne. Wir haben uns angesehen, welche Möglichkeiten Facebook und Google den politischen Organisationen hierzulande bieten und welche Grenzen ihnen gesetzt sind. Einige Akteure verzichten freiwillig darauf, das theoretisch Machbare voll auszuschöpfen. Bleibt die Frage, wie gut sich deren Verhalten überhaupt kontrollieren lässt.