Post aus Japan: Durchbruch für die Brennstoffzelle

13 Unternehmen schließen sich in Davos auf dem Weltwirtschaftsforum in einem "Hydrogen Council" zusammen. Sie wollen das Brennstoffzellen-Auto propagieren. Beginnt jetzt eine Revolution?

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Von
  • Martin Kölling
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Liebe Freunde des Energieträgers Wasserstoff: Bitte entschuldigt. Aber bei manchen Meldungen kann ich mir etwas Sarkasmus nicht verkneifen. Dazu gehört die Ankündigung von 13 Unternehmen auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, eine Wasserstoffallianz zu gründen. Hydrogen Council nennen sie das Gebilde, in dem sich die CEOs abstimmen wollen, um unter anderem mehr Brennstoffzellenautos auf die Straßen zu kriegen.

Die Besetzung ist illuster, die Ziele hehr. Mit BMW, Daimler aus Deutschland, Toyota und Honda aus Japan und Hyundai aus Südkorea ist die Autoindustrie durchaus prominent vertreten. Dazu addieren sich noch Gas- und Ölkonzerne wie Linde oder Air Liquide aus Frankreich. Gemeinsam wollen die CEOs "Wasserstoff unter den Schlüssellösungen für den Energieübergang positionieren."

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Unter dem Vorsitz von Toyota wollen die Mitglieder Regierungen, beteiligte Industrieunternehmen, internationale Behörden und die Öffentlichkeit von Wasserstoff als Energieträger überzeugen. Die Mitglieder versicherten sich und der Welt zudem, dass sie "weiterhin die Ambition haben, ihre beträchtlichen Investitionen in Entwicklung und Kommerzialisierung von Wasserstoff- und Brennstoffzellensektoren zu beschleunigen."

Hört sich toll an. Und ich bin auch ein Fan von Wasserstoff, selbst im Transportwesen. Bei Bussen und Lastern wird er sicherlich sinnvoller sein als die Stromversorgung aus Akkus. Das sieht auch der Wasserstoffbund in seiner "Vision" so. Toyota vertreibt einen Brennstoffzellenbus. Auch maritim macht die Technik sicher was her. Toshiba hat den Prototypen für ein Brennstoffzellenschiff vorgestellt. Aber mein erster Eindruck war dennoch: Ach, noch ein verzweifelter Versuch, das Brennstoffzellenauto populär zu machen.

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Die Allianz sieht für mich wie ein "Talkshop" mit wenig Durchschlagskraft aus und nicht nach einem Durchbruch für die Brennstoffzellenautos, schoss mir als zweiter Gedanke durch den Kopf. Doch so richtig verfestigt hat erst Toyota-Chairman Takeshi Uchiyamada meinen Sarkasmus.

Air Liquide habe diesen Wasserstoffrat angeregt, teilte er der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei mit. Aber wofür das Gremium genau dienen soll, konnte auch er nicht vermitteln. "Details über die Arbeit des Councils müssen noch diskutiert werden", erklärte er. Aber er stellte Appelle an Regierung und die Erhöhung der Bekanntheit von Wasserstoff als Energieträger in Aussicht. Uff, die Elektroautofans unter den Autobauern zittern sicherlich vor diesem Bund, dachte ich.

Nun, nicht wirklich. Es ist schon auffällig, dass Japans Elektroautopionier Nissan keine Lust auf diese Rederunde verspürt. Auch Daimlers Entwicklungspartner Ford glänzt durch Abwesenheit. Auch ich kann den Beteuerungen von Toyota und Honda nicht viel abgewinnen, dass die Brennstoffzelle den Strom für den Elektromotor liefern soll.

Sicher haben die Hersteller recht, dass die Brennstoffzellen derzeit mehr Reichweite haben. Aber sobald die Akkus billiger und besser werden, dürften im Pkw-Bereich batterieelektrische Autos das Rennen machen. Die sind schlicht simpler als die doch sehr komplexe und immer noch teure Brennstoffzelle. Und das Einfache ist oft Feind des Komplizierten. Ich werde den Verdacht nicht los, dass die Hersteller auf Technik hoffen, weil sie wie Benzin- oder Dieselmotoren komplexer als Elektroantriebe sind und damit die Eintrittsbarriere für neue Konkurrenten höher wäre.

Eines hat der 13er-Bund allerdings richtig gemacht. Die Teilnehmer haben Toyota den Vorsitz übergeben. Mit Hyundai ist Toyota derzeit der Pionier dieser Technik, Japan vielleicht das führende Land bei der Verbreitung von Brennstoffzellen. Toyota verkauft seit zwei Jahren den Mirai. Die Regierung forciert Brennstoffzellenautos.

Auch die Hersteller haben sich verbündet, um den Ausbau des Wasserstofftankstellennetzes zu subventionieren. Bei der Aktion ist sogar Nissan dabei. Aber in dem Fall ist die Teilnehmerliste eine optische Täuschung. Eigentlich zahlt derzeit nur Toyota, da sich der Beitrag der Autobauer nach dem Anteil an verkauften Brennstoffzellenautos richtet. Und da ist Toyota derzeit allein. Honda folgt dieses Jahr mit seinem Clarity, Nissan vielleicht nie.

Zudem ist Japan auch im Wohnbereich stark "verwasserstofft". Viele Häuslebauer stellen sich inzwischen kühlschrankgroße Brennstoffzellen als Bonsai-Blockheizkraftwerke neben ihre Eigenheime. Insofern finde ich es nur natürlich, dass Toyota sich an die Spitze der Bewegung stellt. Nur befürchte ich, dass sich nicht viel bewegen wird – außer vielleicht in Japan. ()