Programme und Positionen zur Europawahl 2014: Die SPD

Netzpolitische Fragen blitzen im SPD-Wahlprogramm beim Datenschutz und bei der Forderung nach einer "Digitalen Agenda" für die Wirtschaft auf, der große Rest liest sich wie eine Verteidigungsrede auf die Ideen der europäischen Aufklärung.

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Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Im europäischen Parlament gehört die SPD zur Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten (S&D). Sie setzt im Wahlkampf auf ihren Spitzenkandidaten Martin Schulz, der Präsident der Europäischen Kommission werden will. Das Motto der SPD ist schlicht: "Europa neu denken". Dem entspricht das Wahlprogramm, laut dem die SPD Europa eine neue Richtung geben will, weil Europa "in keinem guten Zustand" sei.

Die SPD tritt mit Martin Schulz als Spitzenkandidaten an

(Bild: martin-schulz.eu)

Gerade einmal 14 Seiten ist das offizielle Wahlprogramm der SPD lang. Netzpolitische Fragen blitzen beim Datenschutz und bei der Forderung nach einer "Digitalen Agenda" für die Wirtschaft auf, der große Rest liest sich wie eine Verteidigungsrede auf die Ideen der europäischen Aufklärung gegen den grassierenden Euroskeptizimus. Vom Textumfang genauso lang, vom Inhalt aber wesentlich ergiebiger ist da die Antwort der SPD auf die Wahlprüfsteine des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung. Nimmt man die aktuellen Äußerungen des amtierenden Parteichefs Sigmar Gabriel über Google nach einem kämpferischen Beitrag seines Kandidaten Martin Schulz hinzu, so ist genug Material da.

Auffällig ist dabei die Zuspitzung auf bestimmte Konzerne wie Google, während Fragen, die auf europäischer Ebene behandelt werden, ausgeblendet sind. So kommt das aktuell zwischen den USA und Europa auszuhandelnde Freihandelsabkommen TTIP im Wahlprogramm überhaupt nicht vor, ist aber in der Twitter Townhall mit Martin Schulz eine der ersten Fragen gewesen, die gestellt wurde. Schulz antwortete auf die Frage, dass er alles tun werde, um TTIP transparenter zu machen. Unter klaren Bedingungen hält selbst der SPD-Linke Ralf Stegner TTIP für ein akzeptables Abkommen. Zu den Positionen der SPD im Einzelnen:

Europawahl 2014

Das Europaparlament in Straßburg

Die Bürger der Mitgliedsstaaten der EU wählten zwischen dem 22. und 25. Mai 2014 (in Deutschland am 25. Mai) zum achten Mal das Europäische Parlament. In Deutschland galt dabei erstmals keine gesetzlich festgelegte Hürde für einen Mindestanteil an Stimmen, die eine Partei erreichen muss, um Abgeordnete ins Parlament zu schicken. Seit dem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament einige Kompetenzen hinzugewonnen.

In diesem Punkt sind die Antworten auf die Wahlprüfsteine des AK Vorrat hilfreich, denn im offiziellen Wahlprogramm finden sich nur leise Andeutungen einer künftigen Politik. Überwachung durch wen auch immer ist kein Thema, beim Thema Sicherheit geht es eher um den Aufbau einer europäischen Armee und soziale Sicherheit durch soziale Marktwirtschaft. In der Antwort heißt es klipp und klar: "Die SPD-Europaabgeordneten sprechen sich gegen eine Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland aus." Allerdings könne die EU Staaten nicht daran, eine Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Immerhin dürfte es eine EU-weite Verpflichtung zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung nicht mehr geben.

Ebenso eindeutig spricht sich die SPD gegen eine EU-Passagier-Datenbank (EU-PNR) aus. Als Reaktion auf die Enthüllungen von Edward Snowden will die EU-SPD das Fluggastdatenabkommen mit den USA einfrieren, ebenso das SWIFT-Abkommen TFTP (Terrorist Finance Tracking Program) und das "Safe Harbour-Regime". Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP wollen die Sozialdemokraten bis zu den US-Kongresswahlen (November 2014) ruhen lassen und dann durch ein "starkes Datenschutz-Rahmenabkommen" ergänzen. "Wir verlangen, dass Europa seine Bürgerinnen und Bürger und den Schutz ihrer Daten selbstbewusst gegenüber unseren Partnern in der Welt verteidigt, insbesondere gegenüber den USA", heißt es im Wahlprogramm.

Netzpolitik als solche findet sich weder im Wahlprogramm der SPD noch in den verschiedenen Stellungnahmen, allerdings gibt es bei der Aktion We Promise etliche Statements von SPD-Kandidatinnen, netzpolitische Fragen im künftigen Parlament zu berücksichtigen. SPD-Männer sind deutlich in der Minderheit.

Die SPD befürwortet jedwede Verbesserung des Datenschutzes und verlangt ein "umfassendes europäisches Regime zum Datenschutz auf hohem Niveau", will aber verstärkt den Arbeitnehmerdatenschutz ins Visier nehmen. Die Informationssammelei dürfe keinesfalls dazu führen, dass Arbeitnehmer Konsumdaten erhalten können oder Fehlzeiten von Arbeitnehmern bei Internet-Konzernen landen. Wenn es Europa gelinge, beim Datenschutz und bei den digitalen Grundrechten europäische Standards durchzusetzen, könne Europa eine wichtige Rolle im 21. Jahrhundert spielen, so das Wahlprogramm.

Das EU-Wahlprogramm der SPD schweigt zum Urheberrecht. Innerhalb der SPD gibt es jedoch ein Thesenpapier aus dem Jahre 2012, in dem die Sicherheit der kulturellen Vielfalt im europäischen Kontext betont wird.

Laut dem SPD-Wahlprogramm soll Europa die "Werkbank für innovative Produkte" werden, um Wohlstand und hohe Beschäftigung sowie gute Löhne zu sichern. Deshalb gehört die Breitbandversorgung bei der SPD zu einer intelligenten Industriepolitik. Zur Netzneutralität findet sich nichts im Wahlprogramm. Allerdings hat die europäische Gesamtfraktion der Sozialisten und Sozialdemokraten unlängst einen Kongress veranstaltet, auf dem sie sich eindeutig für Netzneutralität ausgesprochen haben.

Obwohl die EU mit Horizon 2020 eine ambitionierte Forschungsagenda besitzt, spielen all diese Themen für die SPD im EU-Wahlprogramm keine nennenswerte Rolle. Immerhin: die Wahlergebnisse werden nach einer Mitteilung des Europäischen Parlaments als Open Data zur Verfügung stehen. (anw)