Qilin-Batterie fĂĽr Elektroautos: Fortschritte dank weniger Verpackung

CATL gelingt mit einer Erhöhung des Aktivmaterials und einem verbesserten Temperaturmanagement ein Fortschritt, ohne irgendetwas an der Zellchemie zu ändern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 62 Kommentare lesen

Neben der nochmals perfektionierten Integration der Batteriezellen ins System arbeitet CATL aktiv an der Vorbereitung zur Serienfertigung von Natrium- statt Lithium-Ionen-Zellen. Ab 2023 soll ein Mischsystem aus Natrium- und Lithium-Ionen-Zellen in die Produktion gehen. Perspektivisch sind auch reine Natrium-Ionen-Batterien denkbar, die nochmals kostengĂĽnstiger als LFP-Zellen sind.

(Bild: CATL)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

CATL ist mit 35 Prozent Marktanteil laut Bloomberg der größte Batteriehersteller der Welt. Das chinesische Unternehmen beliefert unter anderem Tesla. Das jüngste Produkt von CATL, die Qilin-Batterie, soll eine um 13 Prozent höhere Energiedichte haben als ein System mit Teslas 4680-Zellen, deren Produktion nur mühsam anläuft. Ab 2023, so verspricht es CATL, startet die Massenfertigung der Qilin-Batterie. Der Fortschritt, denn die Entwickler erzielt haben, liegt allerdings nicht in der Zellchemie. Vielmehr hat CATL die Systemintegration perfektioniert und redet auch von der CTP 3.0-Batterie.

Die meisten Elektroautos, die heute neu zugelassen werden, haben ein mehrstufig aufgebautes Batteriesystem. Im Regelfall sind mehrere Einzelzellen, zum Beispiel zwölf, zu einem Modul zusammengefasst. Quasi ein flacher Schuhkarton mit eigenem Managementsystem (BMS). Der Vorteil dieser Bauweise ist die Verfügbarkeit als Standardteil. Die Autoindustrie kann vier, sechs oder acht dieser Module einkaufen und in das crashsichere Gehäuse im Fahrzeugboden eines Elektroautos bauen.

Der Nachteil ist, dass diese Modulebene technisch überflüssig ist. CATL lässt darum seit 2019 die Modulebene weg und integriert die Einzelzellen direkt ins Gesamtgehäuse. Cell-to-Pack heißt dieses Verfahren, abgekürzt CTP. Es führt zu einem besseren Verhältnis von Verpackung und Aktivmaterial.

Auf die Modulebene verzichtet CATL seit 2019. Sie ist ĂĽberflĂĽssig und nur vorhanden, weil es fĂĽr die Auto- und Batteriehersteller einfacher ist, mehrere Zellen in einem Modul zusammengefasst zu kaufen. Das Cell-to-Pack-Design spart aber Metalle, Gewicht und Kosten.

(Bild: CATL)

Nach eigener Aussage sind 72 Prozent des Volumens der Qilin-Batterie Aktivmaterial, was CATL "record-braking" nennt. In der ersten Generation von Batteriesystemen ohne Modulebene waren es noch 55 Prozent. Um diesen hohen Integrationsgrad zu erreichen, wurden zusätzlich die Kühlfläche, die Wärmepads und die Querträger im Gehäuse ersetzt.

Diese Funktionen sind jetzt in einer Lage zwischen den Zellen zusammengefasst, die außerdem elastisch ist und so Vibrationen minimiert. Ein elastisches Element im Batteriesystem könnte mit Blick auf innovative Zellchemien sehr wichtig werden. An der Anode kann mit der zunehmenden Beimischung von Silizium gerechnet werden. Mit steigendem Silizium-Anteil verändert die Zelle beim Laden- und Entladen das Volumen. Ein mechanisch flexibles Batteriesystem ist die ideale Voraussetzung, um das zu kompensieren; die Qilin-Batterie ist folglich besonders zukunftsfest. Kathoden-seitig wird es zumindest absehbar weiterhin bei NMC- oder LFP-Material bleiben, also eine Zusammensetzung von Nickel, Mangan und Kobalt (NMC) oder Lithium-Eisenphosphat (LFP).

Heute ist eine runde halbe Stunde für das Laden von zehn auf 80 Prozent üblich. Hyundai gibt für den Ioniq 5 im Bestfall 18 Minuten an. CATL verspricht eine Reduktion auf zehn Minuten, weil die Zellen beim Laden ausreichend gekühlt werden können.

(Bild: CATL)

Die neue Position – nicht mehr horizontal über den Gesamtboden, sondern zwischen den Zellen – vervierfacht (!) die Kühlfläche. Je besser es gelingt, die Einzelzelle auf ihrer Wohlfühltemperatur zu halten, desto höher sind Ladeleistung und Lebensdauer. Laderaten bis 4C sollen realistisch umsetzbar sein; vereinfacht gesagt könnte ein VW ID.3 bei 58 kWh Energieinhalt mit 232 kW laden. Das Serienauto ist derzeit bei bis zu rund 2C. CATL fasst das Rechenergebnis zusammen und prognostiziert "in zehn Minuten von zehn auf 80 Prozent" statt wie meistens in etwa 30 Minuten.

CATL meldet eine Vervierfachung der Kühlfläche. Die Kühlfläche ist nicht mehr horizontal als Matte unten im System, sondern zwischen den Zellen angeordnet.

(Bild: CATL)

Die Integration von Funktionen und Komponenten führt zum besagten sehr guten Verhältnis von Aktivmaterial zu Verpackung. Die gravimetrische Energiedichte liegt bei 255 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) bei NMC-Kathoden und bei 160 Wh/kg für LFP-Zellen. Angesichts der ständig wachsenden Bedeutung von LFP-Zellen, die spätestens 2025 in der Mehrzahl der neuen Elektroautos eingebaut sein wird, ist besonders der Wert von 160 Wh/kg interessant.

CATL hat die Qilin-Batterie vorgestellt. Sie kann mit wahlweise mit NMC- oder LFP-Zellen bestückt werden. Mit NMC-Zellen beträgt die Energiedichte 255 Wattstunden pro Kilogramm; 13 Prozent mehr als Tesla für die 4680-Zellen reklamiert. Mit LFP-Zellen sind es 160 Wh/kg. 72 Volumenprozent des Batteriesystems sind Aktivmaterial. Wegen des guten Thermomanagements kann die Laderate auf 4C steigen.

(Bild: CATL)

Ähnlich konsequent bei der Evolution der Batteriesysteme ist BYD, der drittgrößte Batteriehersteller der Welt (Marktanteil 11,1 Prozent im ersten Quartal 2022). BYD ist zugleich Autohersteller und hat ebenfalls die Modulebene als verzichtbar identifiziert.

Mit der Plattform 3.0 und der sogenannten Blade-Batterie geht der Konkurrent noch ein Stück weiter. Nach CTP kommt CTB: Cell-to-Body bezeichnet in der Limousine Seal, ein direkter Konkurrent des Tesla Model 3 (Test), ein Batteriesystem mit tragender Funktion. Die Oberseite der Blade-Batterie ist zugleich der Innenraumboden. Wann der BYD Seal nach Deutschland kommt, ist unklar. Vielleicht wird er hierzulande zuerst in der Gestalt des Toyota bZ Sedan (oder auch bZ5) zu kaufen sein, weil Toyota mit BYD ein Joint-Venture hat und die Elektroautos technisch ähnlich oder baugleich sein werden. Mit der Weltpremiere des Toyota bZ Sedan ist noch in diesem Jahr zu rechnen.

Die chinesischen Batteriehersteller CATL und BYD machen nichts anderes als das, wovon Fachleute seit Jahren reden: Sie perfektionieren das Batteriesystem. Im Vergleich dazu wirken manche aktuellen Serienfahrzeuge wie Bastellösungen. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Qilin-Batterie nicht nur wegen der vergleichsweise hohen Energiedichte und dem Weglassen von Überflüssigem, sondern auch wegen der inneren Elastizität. Diese könnte für Anoden mit höherem Silizium-Anteil elementar sein.

(mfz)