Schäden an Internet-Seekabeln: So können sich Europa und die Welt wappnen
Schäden an Seekabeln sind nicht selten. Doch sie sind auch eine Angriffsfläche und können das Internet beeinflussen. Aber können sie besser geschützt werden?
Wenn es um die Lehren aus den Seekabel-Schäden im Roten Meer geht, die mehrere Internetverbindungen zwischen Europa, Afrika und Asien unterbrochen haben, bringt es Prof. Dr. Christian Bueger auf eine einfache Formel: Mehr Kabel und mehr Reparaturkapazitäten wären der beste Schutz. Und vielleicht würde es sogar das Sabotieren von Unterwasser-Infrastruktur im besten Falle uninteressant machen. Mit dem Ausfall mehrerer Internetkabel vor der Küste Westafrikas verschärfte sich die Situation für Afrika am Donnerstag zusätzlich.
Im aktuellen Fall im Roten Meer hat aller Wahrscheinlichkeit nach der von der Huthi-Miliz angegriffene und später gesunkene Frachter Rubymar mit seinem Anker vier Daten-Seekabel durchtrennt. Weil die Besatzung eiligst das Schiff verlassen musste, habe sie den Frachter vermutlich nicht mehr in eine solide Ankerposition bringen können, sagt der Professor an der Universität Kopenhagen, der unter anderem auf maritime Sicherheit spezialisiert ist. Viel schlimmer als der Schaden an den Kabeln werde hier aber die ökologische Katastrophe sein, die von den geladenen Düngemitteln ausgeht, die sukzessive über Jahre austreten dürften.
Schäden an Seekabeln sind keine Seltenheit
Dass die Lebensadern des Internets infolge von Küstenfischerei oder Unfällen reißen, ist nichts Neues. „Die Kabel sind extrem leicht zu zerstören“, sagt der Experte und statistisch gingen sie ständig kaputt. Spätestens seit dem Sabotageakt an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 ist aber in den Blickpunkt gerückt, dass es staatliche Akteure und Terroristen gezielt darauf anlegen könnten, diese kritische Infrastruktur zu unterbrechen und das Leben der Menschen empfindlich zu beeinflussen.
Dass dies – wie im Falle von Nord Stream – direkt vor Europas Küsten geschieht, sei im Falle der Seekabel eher unwahrscheinlich. „Wir haben in Europa so viele Kabel, dass das ganze System eine unheimlich hohe Resilienz hat“, sagt Bueger. Auf dem Kontinent gebe es viele Landverbindungen und Datencenter, sodass Daten in vielen Fällen gar nicht den Seeweg nehmen müssen. „Wenn man nicht auf einer Insel wohnt, dann geht in Europa die Wahrscheinlichkeit, dass man das Internet komplett verliert, gegen Null.“ Aber es könne natürlich auch hier bei Schäden an mehreren Kabeln zu Einschränkungen bei der Geschwindigkeit kommen.
Bislang oft nicht mal eine rechtliche Handhabe
Wie wenig solche möglichen Angriffe auf Kabel im Bewusstsein der Öffentlichkeit sind, zeige sich allein daran, dass es in vielen Ländern – darunter auch Deutschland – gar keine rechtliche Handhabe für solche Situationen gebe, so Bueger. „Wenn man jetzt beispielsweise in Deutschland in der allgemeinen Wirtschaftszone ein Datenkabel manipuliert, dann ist das keine Straftat.“ Die Bundespolizei könnte also die Besatzung eines verdächtigen Bootes aktuell allenfalls ansprechen, sie aber nicht festnehmen.
Und es gebe durchaus auch einige kritische Knotenpunkte, wie etwa den Ärmelkanal oder die Straße von Gibraltar, wo aufgrund der Enge Kabel in geringem Abstand zueinander verlegt wurden – genauso wie im Roten Meer. Kritisch sei auch die Situation auf einigen Inseln, wie etwa Malta oder Irland, die von Seekabeln komplett abhängig seien. Einige kleinere italienische Inseln hätten stellenweise nur eine oder zwei Kabelverbindungen.
Die psychologische Komponente von Anschlägen
Den Urhebern von Sabotageakten muss es aber gar nicht mal um größere Beeinträchtigungen oder Ausfälle gehen. Allein, dass Anschläge verübt werden, demonstriere die Verwundbarkeit von Ländern. Die Akteure bewegten sich dabei in einer Grauzone, weil ihnen der Angriff oft nicht einmal nachgewiesen werden kann – so wie bei Nord Stream, wo bis heute unklar ist, wer wirklich dahintersteckt. Ein weiteres Beispiel für solche Grauzonen-Angriffe seien Beschädigungen von Seekabeln, die nach Taiwan führen. Offiziell sind es Zwischenfälle mit chinesischen Fischern, die dazu geführt haben. Doch es sei nicht auszuschließen, dass in Wirklichkeit Chinas Regierung dahintersteckt.
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Sind die Kabel durchtrennt, sollten sie zumindest schnell instand gesetzt werden: Die Reparatur von Schäden an Unterseekabel liege aktuell allein in der Hand die Industrie, meinte Bueger. Und die Kapazitäten seien geringer, als allgemein angenommen werde, warnt der Experte. Nun könnten Staaten etwa mithilfe von Soldaten Vorsorge treffen, die Kabel schneller zu reparieren. Das sieht er wegen des nötigen Fachwissens aber kritisch. Realistischer sei da schon ein Joint Venture. Besser noch könnten die Staaten Anreize schaffen, damit die Industrie höhere Kapazitäten bereitstellt, als das vielleicht unbedingt notwendig erscheint.