Science-Fiction-Klassiker: 50 Jahre "Silent Running – Lautlos im Weltraum"

Im März 1972 startet "Silent Running" in den amerikanischen Kinos. Er ist zunächst kein großer Erfolg, gilt aber heute als Klassiker und als erster Öko-SF-Film.

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(Bild: Trailer von Silent Running)

Lesezeit: 22 Min.
Von
  • René Meyer
Inhaltsverzeichnis

Es gibt eine Vorgeschichte, wie es eigentlich fast immer eine Vorgeschichte gibt. So auch bei dem SF-Klassiker "Silent Running" und seinem Regisseur Douglas Trumbull. Denn es gibt zwei Perioden des Science-Fiction-Films. Alles vor "2001". Und alles nach "2001". So stylisch, so elegant einerseits, so viele kluge Fragen andererseits, und so verwirrend. Einer, der daran mitarbeiten darf, ist der erst 23 Jahre alte Douglas Trumbull. Er ist zuvor Illustrator von Hintergrundbildern, bei Graphic Films, einem Studio für Trickfilme in Los Angeles. Es produziert unter anderem animierte Lehr- und Info-Filme für die Air Force.

Regisseur Stanley Kubrick und Autor Arthur C. Clarke, schon ganz in Gedanken bei "2001", sehen einen davon. Einen 15 Minuten langen Weltraum-Film namens "To the Moon and Beyond". Vom Urknall bis in die Zukunft. In einem mondrunden Pavillon auf der Weltausstellung 1964/65 in New York. Eine beeindruckende 360-Grad-Vorführung, bei der jedes Einzelbild kreisförmig ist, projiziert mit Fischaugenlinsen in die Kuppel.

Und so kommt es, dass Douglas Trumbull gleich bei seinem ersten Hollywood-Film für einen der größten Regisseure arbeiten und einen der größten Filme mitgestalten darf. Auch wenn er dazu nach England muss, wo der Film überwiegend entsteht (weil Kubrick dort seit einigen Jahren lebt). Trumbull kümmert sich bei "2001" um viele Spezialeffekte. Zunächst baut er das Modell vom Mondbus, später ein sechs Meter großes vom Mond; und er darf auch Aufnahmen machen. Manchmal verwendet man gar keine Modelle, sondern 2D-Fotos von Modellen, die auf Glasscheiben montiert sind.

Sein Meisterstück ist die verstörende minutenlange knallbunte Sternentor-Sequenz gegen Ende des Films. Realisiert durch die sogenannte Slitscan-Technik, bei der man den Film an einem Schlitz vorbeibewegt und dadurch belichtet – und die Trumbull abwandelt, indem er die Kamera auf eine bewegliche Schiene setzt, die einen Schlitz anvisiert, hinter dem sich eine bewegliche Wand mit Gel-Mustern befindet.

Nach "2001" gründet Trumbull eine Firma für Spezialeffekte. Der erste große Auftrag ist "Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All". Er entwickelt unter anderem das transparente 3D-Grüst des Gebäude-Komplexes. Die Darstellung auf dem Monitor ist so echt, dass sich hartnäckig das Gerücht hält, es wäre der erste Film mit Computergraphiken. Trumbull probiert vieles aus, etwa Mikro-Fotographie, um mit wenig Aufwand beeindruckende Ergebnisse zu erhalten.

Eigentlich zieht es ihn nicht auf den Regiestuhl, aber er hat Ideen für einen eigenen Film. Weniger technisch und steril als "2001", mehr menschlich. Mit Robotern, die nicht Menschen angreifen, sondern friedlich sind und ihnen helfen. Er schreibt einen Entwurf, in der Filmsprache Treatment genannt: Nach einem Konflikt bleibt von der Besatzung eines Weltraum-Frachters nur ein Mann übrig; und zu ihm nehmen Außerirdische Kontakt auf.

Zur Auffrischung die Handlung des fertigen Films: (Achtung, Spoiler!) Es ist irgendwann in der Zukunft. Nahrung wird synthetisch hergestellt. Die letzten Wälder lagert man auf vier Frachtschiffen aus, die im All treiben. Sie tragen je sechs Biokuppeln. Auf einem der (600 Meter langen) Schiffe von Anfang an dabei, seit acht Jahren, ist Freeman Lowell. Er kümmert sich liebevoll um die Bäume, Pflanzen (und Tiere) und erntet Früchte. Für ein Jahr auf dem Frachter stationiert sind drei Kameraden. Sie können mit dem Grün nichts anfangen und lehnen natürliche Nahrung als "dreckig" ab.

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Lowell träumt davon, die Natur wieder auf der Erde anzusiedeln. Doch von dort kommt der überraschende Befehl, "alle Wälder aufzugeben, sie nuklear zu vernichten und unsere Raumschiffe wieder kommerzieller Verwendung zuzuführen". Als seine Mannschaft bereits vier der Kuppeln zerstört hat, stellt sich ihnen Lowell in den Weg. Er tötet einen und koppelt die fünfte Kuppel vom Raumschiff ab, während sich die beiden anderen noch darauf befinden, mitsamt der bereits aktivierten Bombe.

Das passiert nach 30 Minuten; zwei Drittel des Filmes ist Lowell allein. Er verschwindet mit dem Frachter und richtet sich mit drei Drohnen auf ein Leben als Einsiedler ein. Als überraschend Rettung naht, trennt Lowell die letzte Bio-Kuppel ab, lässt einen der Roboter als Gärtner zurück und sprengt das Raumschiff und sich selbst in die Luft.

Der Originaltitel "Silent Running" meint die Schleichfahrt bei U-Booten. Gerät ein U-Boot in Gefahr beschossen zu werden, lädt es Müll und Öl ab und schaltet in einen Flüstermodus, bei dem so viele Anlagen wie möglich abgeschaltet werden, um wenig Geräusche zu verursachen. So täuscht es vor, man hätte es versenkt. Und so denkt man sich den Film: Müll aus dem Raumschiff abwerfen, um eine Explosion vorzutäuschen, um sich dann in den Saturn-Ringen zu verstecken. Der Frachter wird am Ende in die Luft gesprengt, um die letzte Kuppel entkommen zu lassen.

Insgesamt bringen drei Autoren ihre Ideen ein. Einer davon ist Michael Cimino. Für ihn ist es das Sprungbrett in die Branche. Ihm gelingt 1978 der große Wurf mit dem dreistündigen Vietnamkriegs-Drama "Die durch die Hölle gehen", das für neun Oscars nominiert ist (und fünf erhält). Und zwei Jahre später mit dem noch längeren "Heaven's Gate" einer der größten Flops der Filmgeschichte.