Simultan statt symmetrisch: Intels Pentium 4 lernt 2002 Hyper-Threading

Intel veröffentlicht den 3-GHz-"Pentium 4" und der auf Servern eingesetzten Hyper-Threading-Technik. Sie gaukelt dem PC-Betriebssystem eine zweite CPU vor.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 114 Kommentare lesen
,
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rudolf Opitz
c't-Zeitreise

Das c't magazin feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Das nehmen wir zum Anlass, einige Artikel aus unserem Archiv zu holen, die es wert sind, nochmals gelesen zu werden. Darunter befinden sich spannende Investigativ-Geschichten ebenso wie Kurioses, große Erfolge der Computertechnik, aber auch Prognosen, bei denen wir komplett falsch lagen. Wir kommentieren die Artikel aus heutiger Perspektive und freuen uns auf einen unterhaltsamen Streifzug mit Ihnen durch 40 Jahre IT-Geschichte.

Der Prozessor-Primus Intel hatte es 2002 nicht leicht: Die ersten AMD-Prozessoren mit dem schon 1999 angekündigten 64-Bit-Design "Hammer" standen vor der Markteinführung. Dem hatte Intel zu der Zeit nichts entgegenzusetzen. Als Alternative blieb, die Rechenleistung der 32-Bit-Systeme zu erhöhen.

Mehrere Prozessoren auf einem Board waren sehr teure Lösungen und eher für Server interessant. Symmetrisches Multiprocessing (SMP) bedeutete zwei Prozessorsockel auf einem Board – mehrere Rechenkerne auf einem Die kamen erst Jahre später. Höhere Taktfrequenzen standen eh auf der Agenda, aber warum lastete man die Prozessoren, die die meiste Zeit auf Eingaben und Speicherzugriffe warteten, nicht besser aus?

Die Lösung war ein virtueller zweiter Prozessorkern, der die CPU mit zusätzlichen Aufgaben (Threads) beschäftigte, wenn ein Teil der Recheneinheiten gerade digitale Däumchen drehte: Simultanes Multithreading (SMT) – das Intel-Marketing erfand dafür den schmissigen Namen "Hyper-Threading". Matthias Withopf erklärte dazu in seinem Artikel "Virtuelles Tandem":

"Diese Erweiterung benötigt nicht einmal mehr als ein Prozent an zusätzlichen Transistoren und erhöht die Die-Fläche lediglich um ein Prozent."

Das Betriebssystem sieht bei Prozessoren mit Hyper-Threading (HT) zwei Prozessorkerne und kann auf diese verschiedene Aufgaben verteilen. Intel setzte diese Technik Anfang 2002 zuerst in einem Xeon-Serverprozessor ein. Im November folgte dann ein Pentium 4 mit Northwood-Kern und HT, der erstmals die Taktgrenze von 3 Gigahertz überschritt. Ein echtes Symmetrisches Multiprocessing mit zwei Prozessoren ist HT aber nicht:

"Die beiden Hyper-Threading-Prozessoren haben eigene Registersätze sowie getrennte Reorder- und Store-Buffer. Den Rest der Prozessor-Ressorcen teilen sie sich brüderlich."

Mit dem ersten Pentium 4 mit Hyper-Threading konnte Intel daher den Kunden ohne großen Mehraufwand bis zu 35 Prozent mehr Performance versprechen. Doch rechnete der eigentliche Prozessorkern nicht schneller und um die Mehrleistung des Tandems auszunutzen, brauchte es ein SMT-kundiges Betriebssystem, das weiß, dass hinter den beiden logischen Kernen nur ein physischer steckt.

"Denn die Prozessoren sind nicht alle gleichwertig, das ‚S‘in SMT bedeutet eben nicht ‚symmetrisch’ wie in SMP, sondern ‚simultaneous‘."

Lesenswerte Artikel aus 40 Jahren c't

In der c’t 24/2002 schaffte es das Thema Hyper-Threading erstmals aufs Titelbild.

Geeignet für HT waren etwa Windows XT und Linux-Kernels ab 2.14.18, die 2002 noch verbreiteten Windows-Versionen NT und 2000 hatten damit Schwierigkeiten. Im Praxistest "Der unsichtbare Zweite" stellte Christof Windeck außerdem fest:

"Hyper-Threading bietet nicht zwangsläufig Vorteile. Schlecht geschriebene Multithread-Software kann sogar langsamer laufen als auf nur einem Prozessor."

Auch fehlten zu der Zeit noch passende Benchmarks; die meisten ermittelten 2002 nur die maximale Leistung eines Systems mit Single-Thread-Anwendungen. Manchmal müssen die c’t-Hardware-Tester daher auch auf ihr Gefühl zurückgreifen:

"Große Vorteile bietet HT bei der Reaktionsgeschwindigkeit des Rechners, ein gefühltes, subjektives Leistungsplus zeigt sich vor allem beim flüssigen Arbeiten mit vielen gleichzeitig laufenden Anwendungen."

c't-Retro-Artikel über Hyper-Threading:

c’t – Europas größtes IT- und Tech-Magazin

Alle 14 Tage präsentiert Ihnen Deutschlands größte IT-Redaktion aktuelle Tipps, kritische Berichte, aufwendige Tests und tiefgehende Reportagen zu IT-Sicherheit & Datenschutz, Hardware, Software- und App-Entwicklungen, Smart Home und vielem mehr. Unabhängiger Journalismus ist bei c't das A und O.

(rop)