Supercomputer zum Selbstbau: Das Transputersystem c't-TEK4/8

Als die meisten noch an ihren 8-Bit-Heimcomputern löteten und über die 16-Bitter von Apple und Atari staunten, präsentierte c't ein Transputer-Bauprojekt.

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ct-Projekt 32-Bit-Transputer-System
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Rudolf Opitz
c't-Zeitreise

Das c't magazin feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Das nehmen wir zum Anlass, einige Artikel aus unserem Archiv zu holen, die es wert sind, nochmals gelesen zu werden. Darunter befinden sich spannende Investigativ-Geschichten ebenso wie Kurioses, große Erfolge der Computertechnik, aber auch Prognosen, bei denen wir komplett falsch lagen. Wir kommentieren die Artikel aus heutiger Perspektive und freuen uns auf einen unterhaltsamen Streifzug mit Ihnen durch 40 Jahre IT-Geschichte.

Viele Prozessoren rechnen schneller als einer. Diese Idee ließ bereits in den 1970er Jahren in der Sturm-und-Drang-Phase des Mikroprozessors viele Entwickler nach neuen Wegen suchen. Universitäten und andere wissenschaftliche Einrichtungen hatten schon immer Bedarf an hoher Rechenleistung. Bei Standardprozessoren gab es jedoch viele Probleme zu lösen wie die Entwicklung eines Bussystems, damit viele Prozessoren auf einen gemeinsamen Speicher und andere Ressourcen zugreifen könnten.

"Jedoch steht dem der übergroße, kostenträchtige Hardwareaufwand entgegen; so würde ein Rechnersystem mit zweimal 10 Komponenten 100 32-Bit-Busse benötigen."

Das rechnete Heinz Ebert Anfang 1985 in seinem c’t-Report über Transputer vor. In ihm beschrieb er die Lösung, die die britische Firma Inmos bereits Ende der 1970er Jahre erdacht hatte: den Transputer. Das waren ungewöhnliche 16- und 32-Bit-Prozessoren mit jeweils eigenem Speicher, die über je vier schnelle serielle Links mit benachbarten Transputern kommunizieren können.

Damit lassen sich buslose und beliebig erweiterbare Multiprozessorsysteme aufbauen. Für die Kommunikation über die Links gibt es eigene schnelle Prozessorbefehle, ohne einen Umweg über Peripheriebausteine gehen zu müssen. Programmiert wird über die für die Multiprozessoren angepasste Hochsprache Occam. Ebert kommentierte:

"Ein famoses Konzept, das nach Meinung der Hersteller die Computer-Elektronik in ähnlicher Weise revolutionieren wird wie seinerzeit sein Namenspate, der Transistor"

Heinz Ebert beschrieb in dem Report den 32-Bit-Transputer Inmos T424 mit 4 KByte SRAM und einem Takt von 5 MHz. Auf den Markt kamen dann aber der schnellere 20-MHz-Transputer T414 und kurz danach der T800, der zusätzlich eine Floating-Point-Einheit mit 64-Bit-Registern enthielt. Zu der Zeit musste man bei Intel so etwas teuer als Koprozessor hinzukaufen.

Erst der 80468 80486 (1989) enthielt einen mathematischen Coprozessor, der in der günstigeren SX-Variante allerdings abgeschaltet war. c’t startete ein Projekt zum TEK 4/8 , einer Transputer-Entwicklungskarte, die sich sowohl für den Inmos T414 als auch für den T800 eignete und sich mit bis zu zwei Megabyte RAM bestücken ließ.

"Und was heißt das ’c’t’ vor dem TEK 4/8? Na ’concurrent transputing’, ist doch klar ..."
Lesenswerte Artikel aus 40 Jahren c't

In der Oktober-Ausgabe 1987 stellte c’t ein Transputer-Board als Selbstbauprojekt vor. Durch Kombination mehrerer Boards ließ sich ein Hochleistungscomputer zusammenstellen.

Die c’t-TEK-4/8-Karte war zwar für den ISA-Slot eines PC gedacht, konnte dank des einfachen Bus-Interface aber auch an anderen Rechnern betrieben werden. Schon ein T414 hatte die Rechenleistung eines 68020, die sich durch Hinzufügen weiterer Transputer linear steigern ließ – sofern man das Rechenproblem gut parallelisieren konnte. Die c’t-Karte war sogar kompatibel mit dem Inmos-eigenen Entwicklerboard B004 , sodass das Occam-Entwicklungssystem direkt darauf lief. Was die Software anging, sah es noch mau aus, doch träumten wir von Emulatoren, wie sie anfangs etwa dem Atari ST zu neuen Softwarequellen verholfen hatten.

"Bei einem Transputer-System könnte man durch 'ein paar Transputer mehr' [...] einen Rechner mit allen Baugruppen 'naturgetreu' nachempfinden: Einige spielen den Prozessor, einer den Floppy-Controller, einer die Grafikkarte, einer die Schnittstellen und so weiter."

Nachteilig war der hohe Preis der Transputer: Ein T414 kostete damals 600 D-Mark. Zwar gab es mit der T200-Serie günstigere 16-Bit-Transputer mit vereinfachtem Speicherinterface, doch größere Transputersystems entstanden meist nur an Hochschulen und Instituten wie in der TU München und der Uni Siegen, die damit radiologische Aufnahmen optimierte. Atari und Commodore boten eigene Transputer-Workstations an.

Der Transputer-Hype schaffte es aber nie auf den Massenmarkt. Inmos wurde 1989 von SGS-Thomson gekauft, Ende der 1990er Jahre stellte man die Produktion der Transputer ein. Teile der Transputer-Architektur finden sich heute noch in Spezialprozessoren wie dem in Digitalreceivern eingesetzten Thomson ST20.


c't-Artikel zum Transputer

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(rop)