Smart, aber nicht smart genug

Roboter unter Druck: Ihre Arbeitgeber verlangen immer höhere, immer komplexere Leistungen. Vor allem sollen sie eines können: mitdenken.

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Roboter unter Druck: Ihre Arbeitgeber verlangen immer höhere, immer komplexere Leistungen. Vor allem sollen sie eines können: mitdenken.

Die Maschine nähert sich leise surrend. Höflich wie ein gut geschulter Butler fragt sie nach Getränkewünschen und präsentiert dem Besucher einen Tablet PC, um seine Wahl zu notieren. "Sie wünschen kalten grünen Tee", bestätigt der Roboter die Auswahl, fährt an den Kühlschrank, öffnet die Tür, nimmt eine Flasche heraus und serviert sie mit unterkühlter Grandezza.

So vielseitig wie "Care-O-bot", eine Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (Ipa) in Stuttgart, sind die meisten Roboter zwar noch nicht. Aber die dienstbaren Maschinen erfreuen sich im Haushalt einer wachsenden Beliebtheit: 4,7 Millionen Serviceroboter soll es mittlerweile weltweit nach einer Untersuchung der UN-Wirtschaftskommission und der International Federation of Robotics (IFR) geben. Sie saugen Teppichböden, mähen den Rasen, melken Kühe, ziehen Zäune – oder machen ihren Besitzern einfach Spaß. Auch in der industriellen Produktion sind die helfenden Automaten inzwischen unverzichtbar geworden. Zwischen 1 und 1,3 Millionen Industrieroboter sind nach Schätzungen der IFR weltweit in der Produktion im Einsatz. Um den Grad der Automatisierung verschiedener Volkswirtschaften miteinander zu vergleichen, ermittelt der Verband die "Roboter-Dichte" – die Anzahl von Industrierobotern pro 10000 Mitarbeiter.

Weltweit, gemittelt über alle Branchen und Länder, gab es demnach 2008 etwa 75 Roboter auf 10000 Beschäftigte. In Deutschland liegt dieser Wert bei 236 – ein Wert, der nur noch von Japan mit 361 übertroffen wird. Doch der scheinbar unaufhaltsame Siegeszug der Arbeitsmaschinen ist in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten. Denn trotz erheblicher technischer Fortschritte sind die meisten dieser Systeme noch immer vergleichsweise dumm: Care-O-bot beispielsweise kann zwar ohne Weiteres eine Zimmertür öffnen, aber wenn die Tür klemmt, weil der Rahmen sich verzogen hat, ist die Maschine hilflos. Das Gleiche passiert einem Schweißroboter, wenn das Band plötzlich stillsteht.

"Vor dreißig Jahren war die Industrie in erster Linie an einer hohen Taktrate interessiert", erklärt Professor Frank Kirchner, Leiter des Robotik-Labors Bremen des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI). 50 Prozent aller Industrieroboter werden noch immer in der Automobilindustrie eingesetzt. Andere Branchen, kleine Handwerksbetriebe oder Dienstleister ziehen nur langsam nach. Viel zu lange, so Kirchner, habe sich die Robotik fast ausschließlich an den Erfordernissen weniger Branchen orientiert. "Da wurde nicht in die Intelligenz der Roboter investiert, sondern in die Optimierung der Umgebung", erklärt Kirchner. "Bei der Ausdauer eines modernen Schweißroboters", so erklärt er, "kommt kein Arbeiter mehr mit." Aber für den Prozess müsse die Karosserie unglaublich präzise genau da positioniert werden, wo der Roboter sie erwartet.

Die Roboter von heute sind in der Regel blind und taub. Der Programmierer gibt der Maschine lediglich die Koordinaten vor, die der Arm mit seinem Werkzeug anzufahren hat. Die Steuerung der Maschine berechnet daraus die optimale Positionierung der einzelnen Teilglieder des Roboterarms, damit der das Werkzeug mit möglichst wenigen Bewegungen einsetzt. Will man den Arbeitsablauf auch nur in einer Kleinigkeit verändern, muss man das Roboterprogramm insgesamt stoppen. Eingaben durch Sprache, Zeigen oder Vormachen durch einen Werksmitarbeiter vor Ort sind in der Regel nicht vorgesehen. Damit die teure Maschine möglichst wenig stillsteht, geschieht diese Programmierung häufig fernab des Einsatzortes am Schreibtisch: In der Enwicklungsumgebung – der Software zum Erstellen von Programmen – werden Roboter und Herstellungsprozess am Werkstück simuliert. Da keine dieser Simulationen jedoch wirklich exakt ist, muss das Programm dann im letzten Schritt noch an die konkreten Eigenheiten des Roboters angepasst werden.