Unter Kaufklang

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Ziemlich diffizil ist der Klang von Autotüren. Eine Tür soll satt ins Schloss fallen und im Idealfall wie ein sich schließender Safe klingen. Das hängt unter anderem von der Schließkraft ab. Die muss hoch sein, damit die Tür bei Tempo 200 nicht klappert, aber niedrig genug, damit man beim Aussteigen nicht zu kräftig von innen drücken muss. Eine Maßnahme ist die Zwangsentlüftung, die beim Zuschlagen der Türen die gestaute Luft ablässt. Das Schloss muss ein dominantes Geräusch haben, das klar "Tür zu" signalisiert, das aber nicht in eine Folge von Einzelgeräuschen zerfallen darf, weil das die Insassen irritiert. Dass man mit einem satten Türgeräusch Qualität suggerieren kann, wissen mittlerweile auch Massenhersteller wie Opel oder Ford. Fraglich ist deshalb, ob sich der Klang einer Mercedes-Tür heute noch deutlich von einer Opel- Tür unterscheiden lässt. 1985 hatte ein Kandidat bei "Wetten, dass..?" mit genau dieser Wette für Staunen gesorgt.

Weil Einzelgeräusche aus dem Kopfhörer die vollständige Geräuschkulisse nicht wirklich wiedergeben können, haben die Mercedes-Ingenieure einen Geräuschprüfstand aufgebaut. Ein Serienfahrzeug steht in einem Fahrsimulator, Motorheulen, Reifenrollen und sogar Vibrationen kommen über Lautsprecher aus dem Computer. Damit lässt sich zum Beispiel testen, wie laut der Blinker in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit sein muss, damit er hörbar ist, aber nicht nervt. Dass der Kunde diesen Aufwand bezahlen muss, ist klar. Mit über fünf Prozent, so wird geschätzt, schlägt das Soundengineering bei den Entwicklungskosten zu Buche.

Auf der Straße haben sich synthetische Sounds aus dem Lautsprecher noch nicht durchgesetzt. Man könne einen Kleinwagen wie einen Porsche klingen lassen, sagt Rolf von Sivers, Akustik-Chef bei Porsche, "aber es ist trotzdem nicht dasselbe." Nicht nur der Schall, auch die Vibrationen, die über die Karosserie auf den Körper übertragen werden, seien wichtig. Auch dieser fühlbare Körperschall lässt sich mittlerweile beeinflussen. Beim neuen Porsche 911 Carrera S sorgt ein Resonator, der abhängig von der Drehzahl zugeschaltet wird, für den typischen Sound. Membranen übertragen den Motorsound auf das Metallchassis und von dort in den Innenraum, wo der Pilot das Vibrieren gewissermaßen mit dem Hintern spürt.

Volkswagen will noch weiter gehen und dem bisher nur als Studie gezeigten Sportwagen Concept R einen Knopf spendieren, mit dem man den Motorsound verändern kann. Um das Thema künstlicher Motorsound werden Hersteller langfristig nicht herumkommen -- spätestens wenn flüsterleise Brennstoffzellenautos in Serie gehen. Der Fahrer will hören, wenn er den Motor anlässt und Gas gibt. Das Fahrgeräusch liefert unbewusst wichtige Informationen über die Geschwindigkeit.