Unter Kaufklang

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Warum können Geräusche überhaupt Emotionen auslösen und Kaufentscheidungen beeinflussen? Wahrscheinlich sind solche Reaktionen angeboren, um uns vor Feinden und Raubtieren zu schützen, glauben Psychologen. "Das Gehör hat eine Kontrollfunktion", sagt Friedrich Blutner, der als Deutschlands Sounddesign-Papst gilt. Blutners Synotec Psychoinformatik GmbH in Geyer im Erzgebirge testet und kreiert im Auftrag von Unternehmen Geräusche, von der Autotür über Waschmaschinen bis zum Mückenspray. Im Prinzip sei ein Sounddesigner wie ein guter Koch -- auf die richtige Mischung tiefer und hoher Frequenzen komme es an. Abgesehen von der Automobilindustrie und wenigen großen Nahrungsmittelkonzernen scheinen allerdings überwiegend Hobbyköche am Werk zu sein, hat Blutner festgestellt.

Seine zehn Mitarbeiter haben kürzlich das Geräusch eines Intimsprays getestet und mit einem Mückenspray verglichen. Das Intimspray klang aggressiv, das Mückenspray dagegen sanft. "Genau andersrum müsste es sein", wundert sich Blutner, der sich früher mit dem Klang von Musikinstrumenten beschäftigt hat. Blutners Gehör ist unerbittlich. Eine Eieruhr hat er inzwischen wieder aus seiner Küche verbannt -– "der Alarm war so laut, dass wir immer fast das Haus geräumt haben, weil wir dachten, es würde brennen".

Wie man es richtig macht, hat Synotec an Bierflaschen gezeigt. Bei älteren Bierflaschen geht der Bauch in einem sanften Schwung in den Hals über. Das ergibt beim Einschenken ein dunkles Glucksen, das keinerlei Emotionen erzeugt. Blutner hat eine Flasche mit einem schroffen Knick zwischen Bauch und Hals entworfen. Das Geräusch beim Ausschenken klingt hell und frisch - "glück, glück, glück statt gluck, gluck, gluck", schwärmt der gelernte Elektroingenieur. Und weil Bierbrauer gern glückliche Kunden haben, füllen sie ihr Glückspils heute immer häufiger in Flaschen mit schmalem Hals.

Auch die Werbung hat den Klang eines Produkts für ihre Zwecke entdeckt und setzt akustische Logos, so genannte Mnemonic Devices, in Werbespots ein. "Mit Mnemonic Devices wird eine Marke akustisch definiert", verrät Bernd Misske, Chef von McCann Erickson Wien. Das durchdesignte Knacken des Schokoüberzugs eines Magnum-Eises prägt sich tief in unser Gedächtnis ein. Selbst wenn wir nur das Geräusch hören, erinnern wir uns an das Produkt, und das Wasser läuft uns im Mund zusammen. Letztendlich sind wir nur pawlowsche Hunde, die bei speziellem Klang nach Futter lechzen.