Vom Flop zum Kultfilm: 40 Jahre TRON

Seite 3: Das Design

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Für die Gestaltung der elektronischen Welt gewinnt man zwei große Künstler: den Industrie-Designer Syd Mead, der gerade die Welt von "Blade Runner" vollendet hat, und den französischen Comic-Zeichner Moebius, der bereits die Raumanzüge von "Alien" entworfen hat. Mead zeichnet das TRON-Logo, die Lichtrenner, die Panzer und den gewaltigen Raumträger von Sark. Moebius gestaltet die Kostüme und den Solar-Segler. Er zeichnet zudem den kompletten Film als Storyboard, wie einen Comic.

TRON ist der erste Film, der in nennenswerter Weise von Computern Gebrauch macht; doch der größte Teil des Films entsteht konventionell. Es werden Sets gebaut und Hintergründe gemalt. Raffiniert: der bunteste Film, den man sich vorstellen kann, wird in Schwarzweiß gedreht. Die Schauspieler tragen weiße Kostüme und werden vor schwarzen Leinwänden gefilmt. Es gibt mehrere isolierte Durchläufe für Belichtungen. Körper, Schaltkreise an den Kostümen, Gesicht, Augen. Zum Einsatz kommt Kodalith, ein spezieller Schwarzweiß-Film, der nicht zuletzt durch die großen Maße von 50x30 cm für ein Negativ eine hohe Auflösung bietet. Das manuelle Einfärben der Einzelbilder dauert ewig. Als man feststellt, dass die Produktion Jahre dauern würde, schickt man den Film nach Taiwan, wo ein Team von 85 Mitarbeitern die Arbeit übernimmt.

Eines der vier Computer-Unternehmen, die Effekte für TRON liefern, ist MAGI Synthavision. Es arbeitet zunächst vorwiegend für die Regierung, wo es unter anderem die austretende Strahlung von Uran bei einem Atomreaktor-Unglück simuliert. Ab Anfang der siebziger Jahre bietet MAGI seine 3D-Grafik kommerziell an, etwa für Flugzeug-Modelle, und vom Computer erstellte Filme für die Werbebranche. Es kann 3D-Objekte mit Texturen bekleben, sie bewegen, drehen und die Größe verändern. Lisberger, der MAGI schon von seiner Zeit in Boston kennt, ist vor allem fasziniert, wie man dank des Computers nicht nur virtuelle Welten erschafft, sondern sich in ihnen bewegen kann.

Eine der Arbeiten für TRON ist das Lichtrad-Rennen. Es offenbart ein Problem computergenerierter Landschaften: die fehlende Tiefenschärfe. Selbst die hinterste Ecke des Spielrasters erscheint hell und klar. Was bei realen Filmaufnahmen normal ist, muss dem Computer erst mathematisch beigebracht werden. Natürlich kommt auch das Master Control Program aus dem Computer. Und das putzige Bit, eine Kombination aus Vektor-Grafik und Morphing. Und die Deaktivierer, die Kampffahrzeuge. Besonders aufwendig ist der Solar-Segler mit seinen durchsichtigen Flügeln. Und die psychedelische Sequenz, als Flynn in die elektronische Welt teleportiert wird. Nicht selten erschafft der Computer nur statische Hintergründe.

Auch für die im Computer entworfenen Szenen werden Storyboards gezeichnet; mit zusätzlichen Hinweisen für die Programmierer. Etwa wo die (gedachte) Kamera am Anfang steht und welchen Weg sie nimmt. Teilweise liefern Techniker lange Zahlenkolonnen mit den Koordinaten für die Bewegungen der Fahrzeuge, die vorher auf Millimeterpapier ermittelt werden. Die große Aufgabe ist es, all die Elemente wie aus einem Guss wirken zu lassen, obwohl selbst die Computer-Modelle von verschiedenen Unternehmen kommen.

Ein Teil der Realszenen wird gedreht im Lawrence Livermore National Laboratory. Dort steht die "Mordstür", durch die sich die drei Freunde in das ENCOM-Gebäude schleichen. Sie wiegt 50.000 Kilo und lässt sich wegen eines speziellen Scharniers von einer Person öffnen. In Wirklichkeit schützt sie vor Strahlung.

Die zauberhafte Musik stammt von der Synthesizer-Pionierin Wendy Carlos. Sie studiert Musik an der Columbia University in New York. Dort gibt es ein Zentrum für elektronische Musik; und sie kann Robert Moog bei der Entwicklung des ersten kommerziellen Synthesizers unterstützen. 1968 erscheint ihr Album "Switched-On Bach", auf dem sie klassische Stücke elektronisch interpretiert. Die Arbeit dauert fünf Monate, da der Moog nur einstimmig ist. Das Album ist ein enormer Erfolg; innerhalb weniger Jahre verkauft es sich mehr als eine Million Mal.

Bei ihrem ersten Film-Soundtrack kann sie an ihre Leidenschaft für Klassik und Elektronik anknüpfen: "Uhrwerk Orange", mit elektronisch arrangierter Musik von Beethoven. Stanley Kubrick bucht sie auch für "The Shining".

Bei TRON kommen ein analoger Moog-Synthesizer und ein digitaler GDS-Synthesizer zum Einsatz; häufig unterstützt durch das London Philharmonic Orchestra. Glücklich ist Carlos darüber nicht, sie hätte lieber einen rein synthetischen Soundtrack gehabt. In letzter Minute ersetzt Disney auch noch ihren Schlusstitel durch einen Song der Rock-Band Journey, die zwei Titel beisteuert. Es heißt, dass man zuerst an Supertramp denkt; doch irgendwie kommt die Zusammenarbeit nicht zustande. Die Schmach wird bei der DVD-Veröffentlichung 2002 korrigiert; hier gibt es den von Carlos vorgesehenen Endsong.