Strom aus dem Verteilerkasten

Ladestationen für Elektrofahrzeuge gibt es nach wie vor zu wenig. Die Telekom will nun ihre Internet-Verzweiger anzapfen.

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Die Deutsche Telekom AG könnte schon im Sommer damit beginnen, bis zu 12.000 ihrer Internet- und Telefonverteilerkästen, die auf öffentlichem Straßenland stehen und die Kunden an ihren Hausanschlüssen mit (V)DSL & Co. versorgen, zu Stromtankstellen aufzurüsten. Eine der grauen Boxen soll maximal drei E-Autos gleichzeitig aufladen können, heißt es in Medienberichten. Fahrzeugbesitzer müssten dann nur noch im Umfeld der Verteilerkästen parken und sich per Kabel anschließen, um Energie für ihr Auto zu bekommen.

Diese Ladestation ist leider nur für Teslas geeignet.

(Bild: "A brand-new Tesla supercharger" / B137 / CC0 1.0)

Sollte der Rosa Riese seine Pläne verwirklichen, wäre er auf Anhieb einer der größten Anbieter von Ladestationen im hiesigen Markt – und würde die derzeitige Zahl der Lader mit einem Schlag mehr als verdoppeln. Der wirtschaftlich boomende Sektor der Ladeinfrastruktur ist derzeit noch stark fragmentiert und Kunden haben mit Inkompatibilitäten bei Bezahlsystemen zu kämpfen – von den verschiedenen Steckerstandards und unterschiedlichen Ladegeschwindigkeiten ganz zu schweigen.

Die Telekom möchte die Stationen allerdings nicht selbst betreiben, sondern lokalen Stromunternehmen gegen eine Gebühr zur Verfügung stellen, damit also als eine Art Plattformbetreiber agieren. Schon jetzt holt sich der Kommunikationsriese den Saft für seine Verteilerkästen von diesen Anbietern. Neue Stromleitungen müssen hingegen laut dem Konzern nicht gelegt werden, die Verteilerkästen sind ausreichend versorgt. Allerdings werden nur rund 500 der grauen Boxen mit flotten 100 Kilowatt laden können, der Rest mit vergleichsweise gemächlichen 22 kW. Entsprechend muss man sich auf eine längere Parksitzung einstellen, wenn man ausreichend Strom für die (oft weiter entfernte) Heimreise tanken will.

Dieser Nissan Leaf bekommt gerade Strom.

(Bild: Nissan)

Mit dem Vorhaben würde die Telekom ein Problem helfen lösen, das viele Käufer von E-Autos plagt: Selbst in Großstädten ist man ständig auf der Suche nach Ladepunkten für seinen Stromer. Die Verteilerkästen stehen dagegen insbesondere in Ballungsgebieten in fast jeder Straße, was sie eigentlich zum idealen Stromvertriebsmedium macht.

Aktuell soll es deutschlandweit rund 10.000 E-Auto-Ladesäulen geben. Es wird aber händeringend versucht, deren Anzahl zu vergrößern, um den Markt für Elektrofahrzeuge anzukurbeln. Das übliche Henne/Ei-Probleme – Stromer und Lader – und die "Range Anxiety", bei der Besitzer von E-Autos ständig fürchten, nicht mehr an ihr Ziel zu gelangen, sollen so bekämpft werden. CDU/CSU und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag beispielsweise darauf verständigt, die Zahl der Stromtankstellen bis 2020 zu vervielfachen. Dafür sollen 100 Millionen Euro in die Hand genommen werden.

Verteilerkästen stehen insbesondere in Städten reichlich in der Landschaft.

(Bild: Deutsche Telekom AG)

Die Telekom hat laut "Autowoche" bereits Anfang 2018 eine eigene Tochter gegründet, die die Ladeinfrastruktur herstellen und betreiben soll. Gleichzeitig sucht sie nach Partnern bei lokalen Stromanbietern und in den Kommunen. Fördermittel vom Bund und aus den Ländern sollen beim Ausbau helfen. Gemeindevertreter sollen bereits positiv auf die Idee reagiert haben.

(bsc)