Direct Air Capture: Wie wirksam ist Kohlendioxid-Entfernung gegen Klimawandel?
Eine neue Studie modelliert erstmals den Ausbau von Kohlendioxid-Fängern in großem Maßstab. Die Resultate sind ernüchternd.
Um die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5-2 Grad zu begrenzen, ist eine drastische Verminderung des globalen Ausstoßes von Kohlendioxid notwendig. Angesichts der politischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Ziele, wird die Zahl der Wissenschaftler größer, die eine Art Notfallplan fordern, der ohne diese politischen Maßnahmen funktionieren würde.
Große Hoffnungen ruhen dabei auf dem so genannten Direct Air Capture (DAC), - einer Technologie, bei der CO2 direkt aus der Luft gewaschen und dann entweder zu Treibstoff verarbeitet oder im Boden verpresst wird. Kern der Technologie, die beispielsweise von Climeworks entwickelt wird, sind spezielle Kunststoffoberflächen, an denen das CO2 anhaftet. Um das Klimagas wieder zu lösen, werden die Flächen dann beispielsweise erwärmt.
Herausforderungen fĂĽr Abscheider
Doch ist diese Technologie überhaupt sinnvoll? Wenn ja, könnte diese Technologie überhaupt genügend CO2 aus der Luft fischen, um die globale Erwärmung nennenswert zu bremsen? Wenn ja, in welchem Maßstab müsste sie ausgebracht werden, und was würde das kosten? Ryan Hanna von der University of California San Diego und Kollegen haben diese Fragen nun erstmals mit Hilfe eines Computermodells untersucht (Paper in nature communications).
Die Ergebnisse der Studie sind recht gemischt. Zwar sei es energetisch gesehen „viel effizienter, CO2 aus dem Rauchgas abzuscheiden, da die CO2-Konzentration dort viel höher ist“, räumt Hanna ein. „Dabei gibt es jedoch zwei Herausforderungen. Die eine ist, dass die Ausrüstung von Kraftwerken und Fabriken mit CCS kostspielig ist - sie schadet der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte auf dem Markt, sei es Strom, Zement usw. Zweitens: Selbst wenn wir jedes Kraftwerk und jede Fabrik auf der ganzen Welt mit CCS ausstatten würden, müssten wir, um die Ziele von Paris zu erreichen, immer noch das bereits in der Atmosphäre befindliche CO2 entfernen.“
Notfallprogramm mit 800 Anlagen
Unter der Voraussetzung, dass die Menschheit mit einem „Notfallprogramm“ in ähnlicher Größenordnung wie im Zweiten Weltkrieg reagiert, könnte man bei einer jährlichen Investition von ein bis zwei Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts ein DAC-Netzwerk aus etwa 800 Anlagen aufbauen könnte, das bis 2050 jährlich etwa 2,3 Gigatonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernt. Das klingt viel, ist aber im Vergleich zu globalen Gesamtemissionen von etwa 40 Gigatonnen pro Jahr und einem zunehmend knapper werdenden Kohlenstoffbudget deutlich zu wenig. Um die Erwärmung deutlich zu bremsen, müsste das Programm auf 4.000 bis 9.000 Anlagen bis zum Jahr 2075 und mehr als 10.000 bis zum Ende des Jahrhunderts ausgebaut werden.
Der Pferdefuß an dem Plan ist jedoch, dass diese Anlagen zusätzliche Energie benötigen - vor allem, um das gebundene CO2 wieder zu lösen und zu komprimieren. „Wenn DAC eine signifikante Größe erreicht, sagen wir ein Vielfaches der 2-3 Gigatonnen Kapazität, würde es erhebliche Energie verbrauchen - vielleicht 50 Prozent des derzeitigen Strom- und Gasverbrauchs der USA“ schreibt Hanna. Die auf den ersten Blick naheliegende Idee, dazu erneuerbare Energiequellen zu verwenden, würde „aus Kostengründen“ nicht funktionieren, argumentiert er. Damit die Technologie schnell genug skaliert, müsse sie schon in einem frühen Stadium genügend Investitionsanreize für Inverstoren bieten.
Nur auf den ersten Blick kontraintuitiv
Das sei zwar auf den ersten Blick kontraintuitiv, schrieben die Forscher. Doch, „wenn DAC mit Gas betrieben wird, entfernt es immer noch etwa 60 oder 70 Prozent des gesamten CO2, wenn man die Prozessemissionen berücksichtigt.
Mit anderen Worten: Für jede 10 Einheiten, die aus der Atmosphäre entfernt werden, würden 3 oder 4 Einheiten emittiert werden, sagt Hanna. “Im Großen und Ganzen gilt: Wenn Regierungen die Politik verfolgen, Dutzende oder Hunderte von DAC-CO2-Wäschern einzusetzen, dann spielen die CO2-Emissionen der ersten paar Anlagen keine große Rolle.“ (wst)