Wohin mit den Autos? Ringen um die Verkehrswende in Berlin

Berlin will Vorbild sein bei der ökologischen Verkehrswende weg vom Auto. Die Ziele sind formuliert. Doch ihre Umsetzung stellt sich als mühsam heraus.

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(Bild: diy13/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stefan Kruse
  • dpa
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Schnelle Trassen für Radfahrer, grüne Flaniermeilen zum Bummeln ohne Lärm und Abgase, Wohnstraßen mit spielenden Kindern: Visionen für eine – zumindest weitgehend – autofreie Stadt gibt es viele in Berlin. Doch der Weg in das vermeintliche Ökoparadies ist lang und beschwerlicher als gedacht. Fünf Jahre, nachdem das auch heute regierende Bündnis aus SPD, Grünen und Linken den ökologischen Stadtumbau ausrief und damit begann, den öffentlichen Raum – wie es heißt – "gerechter" aufzuteilen, hat sich in der jahrzehntelang autogerecht gestalteten Metropole Ernüchterung breitgemacht.

Zwar gibt das bundesweit erste Mobilitätsgesetz dem klimafreundlichen Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr in der Hauptstadt Vorrang. Doch die Umsetzung der hehren Ziele mit neuen Radwegen, sichereren Kreuzungen, mehr Busspuren und weniger Platz für Autos kommt nur schleppend voran und droht, in den Mühen der Ebene steckenzubleiben.

Und so wälzt sich die Autokarawane wie gehabt im Schritttempo durch viele Straßen. Die Zahl der zugelassenen Pkw stieg zuletzt sogar auf 1,243 Millionen – statt zu sinken. In Kiezen, wie Stadtteile in der Hauptstadt heißen, wird um jeden Parkplatz gerungen, der für Radwege oder Busspuren weichen soll. Und Versuche, in bestimmten Straßen den Verkehr zu beruhigen, lösen mitunter Kopfschütteln aus.

Ein Beispiel ist die berühmte Friedrichstraße, die vor zwei Jahren auf einem Abschnitt rund um das Luxus-Kaufhaus Galeries Lafayette nahe dem Gendarmenmarkt für Autos gesperrt wurde. Bessere Luft, weniger Lärm, eine andere Nutzung des öffentlichen Raums und mehr Attraktivität fürs Shopping sollte das bringen. Kritiker schrien auf.

Inzwischen hat auch Mobilitäts- und Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) eingeräumt, dass das Konzept so nicht funktioniert. Die "Flaniermeile" mit Sitzmöglichkeiten, Schaukästen, Topfpflanzen und einem gelb aufgemalten Radweg fanden viele wenig erbaulich. Der Aufschwung für die Einkaufsstraße, die zeitweise dem Ku'damm den Rang ablief, später aber zunehmend Probleme bekam, blieb aus.

Nun wird nachjustiert. Nach den Autos sollen auch die Radfahrer verschwinden und eine parallel verlaufende Straße nutzen. Jarasch verspricht einen "attraktiven, modernen und grünen Stadtraum". Und lässt sich von Rückschlägen nicht von der Idee der Verkehrswende abbringen. "Mobilitätswende gelingt nur, wenn wir offen sind fürs Ausprobieren. Und dann aber auch konsequente Entscheidungen treffen."