Best of Informationsfreiheit: Journalisten, nutzt endlich die Auskunftsrechte!

Seite 2: Gegen die Willkür der Behörden

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Grund 2: Das Informationsfreiheitsgesetz nervt. Schnelle Auskünfte versprechen IFG-Anfragen nicht. Behörden überziehen oft ihre gesetzlich vorgeschriebene Antwortfrist von einem Monat, fordern Auskunftsgebühren von bis zu 500 Euro oder versperren mit teils abstrusen Begründungen den Zugang zu Dokumenten. Das liegt nicht nur an den Behörden, sondern auch am Gesetz: Liegen in Dokumenten etwa Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor, dürfen Behörden nichts herausgeben – was zum Beispiel dazu führt, dass Volkswagen und das Bundesverkehrsministerium die Aufklärung über den Abgasbetrug blockieren können. Die Bundesländer Bayern, Sachsen und Niedersachsen haben noch nicht einmal ein IFG und können somit alle derartigen Anfragen abwehren.

Im internationalen "Right to Information"-Rating, das Informationsfreiheitsgesetze aus 128 Ländern (allerdings nicht die gelebte Praxis) vergleicht, steht Deutschland denkbar schlecht dar: Nur Platz 120, knapp vor Ost-Timor, Tadschikistan, Liechtenstein und Österreich.

Damit sich die Praxis der Auskünfte verbessert, müsste das IFG deutlich öfters genutzt werden. Die Willkür der Behörden ist möglich, weil immer noch zu wenige Personen ihre Rechte einfordern. Während jährlich rund eine Million IFG-Anfragen an Bundesbehörden in den USA gehen, waren es 2019 rund 10.000 Anfragen an deutsche Bundesbehörden (plus 45.000 gleichlautende Anfragen an das Bundesinstitut für Risikobewertung). Widerstand gegen falsche Bescheide gab es auch kaum: Gerade einmal zwölf Klagen auf Informationszugang waren zumindest teilweise erfolgreich.

Grund 3: Das Informationsfreiheitsgesetz ist nicht exklusiv. Anders als die Landespressegesetze ist das IFG ein sogenanntes Jedermannrecht. Für eine Anfrage nach einem Dokument in einer Behörde muss weder die Volljährigkeit noch ein deutscher Wohnsitz oder Pass nachgewiesen werden. Der Umstand, der für die Zivilgesellschaft ein Segen ist, kann für die Nutzung durch Journalisten ein Ärgernis sein. Denn wenn ein Recherche-Instrument von allen Personen genutzt werden kann, kann auch die Exklusivität von Informationen verloren gehen.

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Deshalb weisen oft selbst die Journalisten, die das IFG benutzen, nicht auf ihre Quellen hin. In investigativen Artikeln zitierte "Dokumente, die der Redaktion vorliegen", sind häufig Dokumente, die per IFG-Anfrage auch allen anderen Menschen vorliegen könnten.

Dabei haben Journalisten gegenüber der Bevölkerung einen entscheidenden Vorteil bei der Nutzung des IFG: Sie können Presseanfragen mit IFG-Anfragen kombinieren – zunächst per Pressegesetz nach Inhalten von Dokumenten und Übersichten fragen und anschließend die passenden Dokumente selbst erhalten. Um die Informationsfreiheit in Deutschland voranzubringen, können sie zudem gemeinsam mit Verlagen oder Journalistenverbänden vor Gericht ziehen. Klagen, die Auskunftspflichten nach dem IFG einfordern, helfen letztlich der gesamten Branche. (tiw)