Mit Zuckerbergs Haaren kommen Witz und Aufwind für Meta

Meta kann KI und zeigt die "neue Gerätekategorie" smarte Brillen – das Unternehmen erstarkt mit Witz und guten Produkten. Ein Kommentar zur Meta Connect.

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Mark Zuckberg zeigt ein KI-bearbeitetes Foto von sich.

Mark Zuckerberg zeigt auf der Connect ein mit KI-bearbeitetes Foto von sich. Seine Töchter haben ihm den Barbie-Look verpasst.

(Bild: emw)

Lesezeit: 5 Min.

Er hat Locken, er hat Goldketten, er hat auf der Bühne der Connect ein schwarzes Shirt an, mit der Aufschrift: aut Zuck, aut nihil. Die Redewendung soll von Julius Caesar stammen, abgewandelt heißt es dann: Entweder Zuck oder nichts. Gut, vielleicht liegen hier Überheblichkeit und Humor sehr dicht beieinander. Vielleicht aber auch aus guten Gründen. Humor kann Zuck plötzlich tatsächlich gut. Er ist locker und lustig bei seiner großen Keynote, witzelt über den Demo-Gott, der es mit Live-Präsentationen nie gut meine. Das Roboterhafte, das Mark Zuckerberg lange in Interviews ausmachte, ist gewichen. Da steht eher wieder der Typ, den man aus Videos der Anfangszeiten von Facebook kennt. Der Typ, der in seinem Campus in Menlo Park einen Flur "Beer Pong Alley" nennt.

Die Beer Pong Alley im Meta Headquarter.

(Bild: emw)

Und mit dem Roboter ist auch ein Stück vom Abgesang auf Meta gewichen. Okay, Facebook selbst wird nicht wieder cool, sondern strotzt nur so vor KI-generierten Bildern, die Aufmerksamkeit und Klicks sammeln. Und das Metaverse ist auch noch nicht da, wo es sein wollte. Vielleicht war das Metaverse samt Umbenennung des Konzerns in Meta aber auch immer nur eine Ablenkung, um nicht mehr an die Skandale um Cambridge Analytica und Frances Haugens Aufdeckungen zu erinnern, die eng mit dem Namen Facebook verknüpft waren.

Ein Kommentar von Eva-Maria Weiß

Eva-Maria Weiß hat an der Universität Wien Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpsychologie studiert und arbeitet seither als Journalistin.

Dank KI und smarter Brillen hat Meta wieder echten Aufwind. Manche sprechen sogar vom iPhone-Moment. Die Begeisterung für die Augmented-Reality-Brille Orion, die Zuckerberg auf der Connect vorgestellt hat, dürfte ihm zu noch mehr guter Laune verhelfen. Die Brille wurde in einem silbernen Koffer auf die Bühne getragen, der mit Ketten und Handschellen am Handgelenk des Trägers festgemacht war. Lustig, lustig, geht so. Im Publikum großer Applaus. Mit Orion sieht man seine Umgebung, bekommt aber auch virtuelle Elemente eingeblendet. Gesteuert wird die Brille mittels Eyetracking, dazu bedarf es eines schmalen Armbands. Beeindruckend. Snaps Spectacles können das freilich auch schon, das Sichtfeld ist jedoch begrenzter, die Akkulaufzeit noch ausbaufähig. Einen echten Vergleich wird man erst machen können, wenn man beide auf der Nase hatte. Die Spectacles sind bereits verfügbar. Orion ist bisher ein Prototyp.

Keine Konkurrenz sind dagegen Headsets wie die Apple Vision Pro oder die eigene Quest, die es nun als günstige Variante gibt. Sie setzen auf Kameras, die die Umgebung im Display innerhalb der Brille zeigen.

In die neue Gerätekategorie smarte Brille fallen auch die bereits seit Längerem erhältlichen Ray-Ban Meta Glasses. Sie sind abhängig vom Smartphone, müssen mit diesem verbunden sein und können es daher nicht ablösen. Aber im Gegensatz zu etwa dem Humane AI Pin oder dem Rabbit r1 bieten sie als zusätzliches Gerät einen Mehrwert. "Hey Meta, bitte weise mir die Richtung zum Restaurant." Und die Brille führt den Träger als Navi durch die Stadt. Kein lästiges aufs Handyschauen und Google Maps geöffnet haben mehr. "Hey Meta, erinnere mich daran, dass ich dieses Buch morgen mitnehmen muss." Die Brille macht ein Foto, eine Notiz und erinnert den Träger am folgenden Tag um gewünschte Zeit an das Buch.

Mit den Updates für die Brille zieht auch ein Echtzeit-Übersetzer ein. Zuckerberg führt das live auf der Bühne vor. Aber da ist er, der Demo-Gott, der einen halben Strich durch die Rechnung macht. Zuckerberg versteht sein Gegenüber, das Spanisch spricht, auch so, und quatscht schon drauflos, bevor der Übersetzer seinen Dienst getan hat. Das verwirrt die KI. Zuckerberg lacht. Das Publikum lacht mit ihm und fühlt sich wohl.

Leider ist Meta AI, die KI, die auf dem neuen Large Language Model Llama 3.2 aufsetzt, weiterhin nicht in der EU verfügbar. Grund sind abermals Regulierungen und fehlende Einigkeit innerhalb der Staaten, sagt Meta. Ja. Aber. Auch andere Unternehmen schaffen es, ihre KI-Dienste hier anzubieten. Meta will auch Druck ausüben, um die Regulierung noch ein bisschen zu beeinflussen. Womit sie recht haben, ohne Daten aus der EU kennen KI-Modelle weder Sprachen noch Kultur der EU. Die Einwilligung zur Nutzung der Daten DSGVO-konform zu gestalten, dürfte man aber schaffen.

Dabei muss man Meta auch noch zugutehalten, dass sie ihre LLMs Open-Source anbieten. Das ist ein riesiger Unterschied zu etwa OpenAI. Google hat zwar Open-Source-Modelle, Gemini ist es jedoch nicht. Sind Zuckerberg und Meta plötzlich die Guten? Auch beim Peering-Streit mit der Telekom steht Meta für die Netzneutralität. WhatsApp lobbyiert seit Jahren gegen die Chatkontrolle. Smarte Brillen haben echtes Potenzial, bald auf jedermanns Nase zu sitzen, wie Smartphones in den Taschen stecken. Nicht immer und dauerhaft, aber oft und in vielen Fällen. Diese Locken stehen Zuckerberg gut. Mal sehen, wie lang sie werden.

Transparenzhinweis: Die Autorin wurde von Meta zur Meta Connect in Menlo Park eingeladen. Meta hat die Reisekosten übernommen. Vorgaben zur Art und zum Umfang unserer Berichterstattung gab es nicht.

(emw)