„Kultur des Mitmachens“

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TR: In letzter Zeit sind eine Menge neuer Suchdienste entwickelt worden: lokale Suche, gelbe Seiten usw. Wenn Sie sich den Suchmaschinen-Markt im Ganzen ansehen, wo sehen Sie die größten Chancen?

Bradley Horowitz: Das ist eine fantastische Frage. Ich denke, die Leute vergessen meist, dass Yahoo noch nicht lange auf dem Markt für Suchmaschinen tätig ist. Yahoo ist eine der bekanntesten Marken im Internet.

Es ist leicht zu vergessen, dass Yahoo vor zwei Jahren keine eigene Suche hatte. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren investiert – ein Teil dieser Investitionen geschah in Form von Übernahmen: Wir haben Inktomi übernommen, Overture und Altavista und wir haben all dies zusammengezogen, um ein proprietäres Produkt zu entwickeln, von dem wir wirklich denken, dass es erstklassig ist. Aber wir wollen nicht nur eine Basis-Plattform zur Verfügung stellen – wir sind auch sehr gespannt, was die Zukunft angeht.

Wenn wir darüber nachdenken, wie wir uns von unseren Mitbewerbern unterscheiden werden, dann indem wir einzigartige Dienste zur Verfügung stellen. Das tun wir, indem wir uns auf unsere Stärken beziehen. Und die Stärke von Yahoo war schon immer die enge Beziehung zu unseren Usern und deren Content, die einmalig ist in der Industrie.

Im Moment bilden die Suchmaschinen nur rund fünf Prozent von allen Inhalten ab, die im Internet verfügbar sind. Was wir in den nächsten Jahren machen wollen, ist, auch anderen Content einzubeziehen, wie E-Mail, Instant Messaging, Yahoo Groups, und dies für die Suche zu nutzen.

Viele unserer Mitbewerber haben genau das umgekehrte Problem. Sie sind möglicherweise stark, was die Internet-Suche angeht. Aber sie fangen jetzt an zu erkennen, dass das alleine langfristig nicht reicht. Und so bemühen sie sich jetzt, Instant-Messaging zu entwickeln und E-Mail und personalisierte Plattformen – aber das ist ein Feld, auf dem Yahoo sich seit zehn Jahren bewegt.

TR: Sie haben ganz allgemein von Wettbewerbern gesprochen, aber was Sie gesagt haben, passt sehr gut zu dem, was Google macht. Meinten Sie GMail?

Bradley Horowitz: GMail ist ein gutes Beispiel. Es reicht nicht, einfach pure Internet-Suche zu präsentieren. Man erkennt nun, dass es notwendig ist, den User zu verstehen, wenn man exzellente Suchergebnisse haben will. Die ganze Branche hat erkannt, dass man so etwas wie eine individuelle, persönliche Art der Suche braucht. Das ist es, worin wir investiert haben – etwas, was wir im allgemeinen soziale Suche nennen.

Die grundlegende Idee ist: Wenn ich heutzutage eine Abfrage bei einer Suchmaschine mache, bekomme ich dieselben Ergebnisse wie Sie. Die Ergebnisse, die ich bekomme, sind abhängig von einem Wertungs-Algorithmus, der im Wesentlichen die Link-Struktur des Internets abbildet. Social Search stellt nun die Frage: Warum sollten die Webmaster, die diese Linkstruktur geschaffen haben, für uns alle bestimmen, was wichtig ist? Was passiert, wenn wir das für uns selbst machen? Statt also eine Abfrage durch die Linkstruktur bewerten zu lassen, könnten wir fragen: Wie sehen die von Medizinern bewerteten Suchergebnisse aus, oder was halten Juristen für relevant, oder meine Nachbarn oder meine Freunde? Je nach Art der Anfrage kann uns dies ein sehr spezifisches und einzigartiges Ergebnis liefern. Ich kann der Suchmaschine beispielsweise sagen: Liste mir einen Index aller Klempner in meiner Satdt auf, gewichtet nach der Bewertung meiner Nachbarn. Das ist unsere Vision, das ist die Richtung, in die wir uns bewegen. Wir nennen das: Bessere Suche durch Menschen. Das wird nicht länger nur durch die Algorithmen bestimmt, sondern auch durch die gestalterische Kraft menschlicher Wesen.

TR: Das klingt wie das Tagging in Flickr

Bradley Horowitz: Dass ist genau so, wie das Tagging in Flickr und das ist es auch, was wir in den vergangenen Jahren gemacht haben: Wir haben Flickr gekauft – del.icio.us, eine social-bookmarking Site, und Upcoming, ein sozial organisierter Kalender. Wir haben ein Laboratorium gegründet an der University of California in Berkely, an dem einige der führenden Experten in Sachen "social media" arbeiten. Wir denken, dies ist eine Erweiterung von Suchtechnologie und wir wollen noch in diesem Jahr einige sehr interessante Produkte auf dieser Basis herausbringen.

TR: Wenn Sie mit den Leuten auf der Straße über Suche im Internet reden, dann fällt denen meist nur ein Name ein: Google. Ist ein solch starker Konkurrent wirklich zu schlagen?

Bradley Horowitz: Das geht sicherlich nicht über Nacht. Noch einmal: Google ist seit, ich glaube, sieben oder acht Jahren in diesem Geschäft und Yahoo erst seit zwei Jahren. Wir freuen uns, dass wir schon so weit gekommen sind. Aber wir betrachten dies als einen Marathon und nicht als einen Sprint. Bei diesem Marathon sind wir eigentlich erst ein paar Schritte gelaufen, und wir haben großes Vertrauen in unsere Strategie und unsere Investitionen. Natürlich wird es nicht über Nacht passieren, aber hier in Deutschland haben wir beispielsweise großartige Fortschritte gemacht, was den Marktanteil angeht. Und wir werden diesen Kurs weiter verfolgen.