Handel erwartet Lieferverzögerungen in Folge des Winterwetters

Nicht nur der Online-Händler Amazon räumt wetterbedingte Lieferprobleme ein, auch der ITK-Großhandel sieht den Warenversand durch die aktuelle Schnee- und Glatteissituation zum Teil nachhaltig beeinträchtigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 283 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Wolfgang Kühn

Wer etwa Weihnachtsgeschenke vom Online-Einzelhändler Amazon noch pünktlich bis Heiligabend geliefert haben will, der sollte nach Möglichkeit spätestens heute bestellen. Mit einem Aufschlag von 6 Euro für den Premiumversand (13 Euro für den Overnight-Express) verspricht Amazon aber auch noch für Bestellungen bis zum 22. Dezember rechtzeitige Lieferung zum Fest. Bedingt durch die aktuellen Witterungsverhältnisse komme es jedoch generell zu Verzögerungen beim Versand aus den vier Logistikzentren hierzulande, teilte eine Unternehmenssprecherin gegenüber dpa mit. Kunden müssten derzeit mit Lieferverzögerungen von ein bis zwei Tagen rechnen.

Die Situation betrifft aber generell weite Teile der Branche. Die Geschäfte des ITK-Großhandels leiden bereits unter den Lieferschwierigkeiten. So musste beispielsweise der Distributor Soft Carrier aus Trierweiler in diesem frühen heftigen Winter bereits mehrere Male seine Kunden über mögliche Auslieferungsschwierigkeiten informieren – zuletzt am vergangenen Freitag: "…aufgrund der starken Schneefälle am 16.12.2010 abends und in der Nacht erfolgt zum aktuellen Zeitpunkt keine Abholung aus unserem Logistikzentrum Trierweiler durch unseren Dienstleister. Auch heute ist die Straßenlage brisant, so dass wir zum aktuellen Zeitpunkt keine Informationen vorliegen haben, wann die nächste Abholung erfolgt. Dadurch kommt es zu Verzögerungen bei der Paketzustellung."

Winter in Deutschland

(Bild: Peter-Michael Ziegler)

Diese offene Kommunikation komme bei den Fachhandelskunden gut an, erklärt Soft Carrier-Geschäftsführer Thomas Veith gegenüber heise resale. "Was sollen wir auch machen. Die Lkw sitzen fest und bei uns stapelt sich die fertig verpackte Ware. Wenn nichts rausgehen kann, ist das eigentlich eine Katastrophe für einen Distributor, auch wenn das nicht jeder so offen sagen mag." Trotzdem ist Veith optimistisch genug, dass noch alles rechtzeitig vor Weihnachten bei den Bestellern ankommt. Davon sind auch die Verantwortlichen bei Tech Data in München überzeugt. Gleichwohl gibt es wetterbedingte Verzögerungen am und um den Lagerstandort Bor in Tschechien. Man könne zwar glücklicherweise nicht von einem "Supergau" sprechen, aber die Prozesskette sei gestört. Denn unregelmäßige Wareneingänge und ebenso unregelmäßige Auslieferungen bringen das feinjustierte Logistiksystem eines Distributors gehörig durcheinander. Darum werde der Broadline-Distributor noch heute seine Kunden schriftlich über mögliche Verzögerungen informieren.

So ärgerlich die Situation ist – und bei manchen Fachhändlern leert sich der ohnehin geringe Lagerbestand schneller als es den Resellern momentan lieb ist – haben die Händler durchaus Verständnis für die Probleme ihrer Grossisten. Diese Erfahrung macht derzeit Axel Grotjahn, Vorstand bei Devil in Braunschweig. "Natürlich beeinflusst das aktuelle Wetter auch bei uns den Warenfluss. Das gilt für Zustellungen beim Kunden als auch für hier eintreffende Ware", räumt er gegenüber heise resale ein. Trotzdem sei Devil noch in allen Produktbereichen mit ausreichend Ware bestückt. "In Anbetracht der Wetterlage sind wir sogar überrascht, dass viele Zustellungen weitgehend pünktlich eintreffen." Ähnlich gestaltet sich die Lage auch beim Großhändler B.Com in Köln, dessen Logistikzentrum in Staufenberg nördlich von Kassel liegt. Zwar könne B.Com noch keine nennenswerten Verzögerungen bei der Auslieferung beklagen, der eine oder andere Laster, der Ware bringen sollte, "bleibt aber schon mal hängen".

Während zahlreiche Brummis auf den zu glatten Straßen zwangsläufig pausieren müssen, stellt man sich beim Telekommunikations-Grossisten Komsa im sächsischen Hartmannsdorf schon mal auf weiter anhaltende Verzögerungen ein. So habe es vor allem bei der Einsendung von Handys zur Reparatur Schwierigkeiten gegeben, erklärt Firmensprecherin Katja Förster. Darum habe sich "die Logistik mit veränderten und zeitversetzten Schichten darauf eingestellt". Auch bei der Warenzustellung sei nicht alles wie gewohnt störungsfrei gelaufen, fügt sie hinzu. Auf jeden Fall stellen sich Deutschlands Distributoren schon mal darauf ein, dass sie Sonderschichten einlegen müssen, sobald sich die Straßenverhältnisse wieder normalisieren.

Beim Online-Händler Amazon sind unterdessen in der Vorweihnachtszeit rund 6000 zusätzliche Saisonkräfte im Einsatz, um das erhöhte Bestellaufkommen zu bewältigen. Trotz der witterungsbedingten Schwierigkeiten sei jedoch ein erfolgreiches Schlussquartal im laufenden Geschäftsjahr zu erwarten. Amazon rechnet mit einem Umsatzanstieg bis zu 40 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Bereits im dritten Quartal hatte Amazon ein Plus von 39 Prozent auf 7,65 Milliarden Dollar verzeichnen können. Genaue Zahlen zum Weihnachtsgeschäft legt Amazon üblicherweise unmittelbar nach den Feiertagen vor.

[Update] Das näher rückende Weihnachtsfest und die zunehmende Nervosität der Kunden ob der rechtzeitigen Lieferung ihrer Bestellungen scheint inzwischen auch das Tracking-System einiger Logistikunternehmen in Mitleidenschaft zu ziehen. So ist etwa das Sendungs-Tracking bei DHL inzwischen zeitweise nicht mehr zu erreichen. Eine Suche bricht nach kurzer Zeit mit einer Timeout-Meldung [(110) Connection timed out] ab.
(map)