AMD-CEO Dirk Meyer: Wir werden uns von den Chip-Werken lösen

Im Gespräch mit dem Fortune-Autor Jon Fortt kündigt Meyer an, sein Unternehmen werde die Fertigung von Prozessoren zumindest teilweise abspalten.

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Noch immer wollen die AMD-Chefs Hector Ruiz und Derrick R. (Dirk) Meyer nicht genau verraten, was ihre mysteriöse und seit geraumer Zeit diskutierte "Asset-Smart"-Strategie genau bedeutet. Im Gespräch mit Jon Fortt, einem Autor des US-Wirtschaftsmagazins Fortune, stellt Dirk Meyer nun aber immerhin klar, dass es bei dieser Restrukturierung darum geht, dass sich AMD zumindest teilweise von seinen eigenen Chip-Fertigungswerken, den sogenannten Fabs, trennt: "We are going to go away from a captive fab model to more of a fabless model for the CPU part of the business," zitiert Fortt seinen Gesprächspartner in seinem Blog. AMD will sich also wirtschaftlich (stärker) von seinen Fabs trennen und somit die Fertigung (auch) der Prozessoren auslagern. Genau so verfahren "Fabless"-Chipfirmen wie Broadcom, Marvell, Nvidia, Sun oder VIA Technology; auch Chip-Weltmarktführer Intel vergibt manche Produkte – etwa einige Netzwerkchips – an Auftragsfertiger, sogenannte Foundries.

Mit "more of a fabless model" meint Meyer nach bisheriger Einschätzung von Analysten wohl, dass AMD die Fertigung nicht komplett verkauft, sondern einen nennenswerten Anteil am neu zu schaffenden Fertigungszweig behält. AMD könnte beispielsweise die bisherigen (und wohl auch kommende) Fabs in eine separate Firma abspalten (Spin-Off), an der sich einer oder mehrere Partner beteiligen. Heißer Kandidat mit erheblichem Fertigungs-Know-how ist der taiwanische Foundry-Marktführer TSMC; zusätzlich könnte AMD Kapital von branchenfremden Investoren einwerben.

Für TSMC spricht außer der Marktführerschaft, dass TSMC bereits den Geode LX sowie Radeon-Grafikchips im Auftrag von AMD produziert. Für die Fertigung von AMD64-Prozessoren müsste TSMC aber auch in die Silicon-on-Insulator-(SOI-)Technik einsteigen, bekäme diese aber ja mit einem Einstieg in die AMD-Fabs quasi frei Haus geliefert. TSMC arbeitet zwar schon seit geraumer Zeit an einem eigenen SOI-Prozess; um die von AMD gemeinsam mit IBM entwickelte SOI-Technik für die AMD64-Prozessoren nutzen zu dürfen, also Zugriff auf dieses Know-how zu erhalten, müsste TSMC aber wohl auch eigene Verträge mit IBM schließen. AMD überweist in jedem Quartal Lizenzgebühren in unbekannter Höhe an IBM.

TSMC wird ab etwa 2010 auch Prozessoren für Sun fertigen, weil der langjährige Sun-Fertigungspartner Texas Instruments (TI) keinen High-Performance-Fertigungsprozess für 45-Nanometer-Strukturen mehr entwickelt. Während AMD enorme finanzielle Schwierigkeiten hat, nämlich langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von etwa 5 Milliarden US-Dollar sowie mittlerweile sieben Verlustquartale in Folge absolvierte, arbeitet TSMC profitabel und kann kräftig investieren: 2007 waren es umgerechnet etwa 2,6 Milliarden US-Dollar, 2008 sollen es rund 1,8 Milliarden US-Dollar werden. Das ist ziemlich genau doppelt so viel wie bei AMD. Mehr Kapitalkraft braucht AMD dringend, um weiterhin kontinuierlich in neue Fertigungstechnik investieren zu können.

Das 2001 zwischen AMD und Intel erneuerte Patentaustauschabkommen, das mittlerweile in Auszügen veröffentlicht wurde, scheint einer Auslagerung der AMD-Produktion nicht im Wege zu stehen. Im Kapitel 3.2c ist klar geregelt, dass die Lizenzen auch für Produkte gelten, die von Auftragsfertigern für AMD hergestellt werden.

Hector Ruiz hat in Bezug auf die Bekanntgabe der "Asset-Smart"-Details mehrfach um Geduld gebeten und auf die unvorhergesehen lange Verhandlungsdauer mit den beteiligten Partnern verwiesen. Dabei könnte es auch um die bereits gezahlten und in Aussicht gestellten Subventionen für die Chip-Fabriken in Dresden und die geplante Fab in den USA gehen – möglicherweise sind diese Zahlungen an Konditionen gebunden, auf die eine Änderung der Besitzverhältnisse der Fabs Einfluss hat. Ruiz hat bisher nur angedeutet, dass er über Asset Smart bis spätestens zum Jahresende berichten will. (ciw)