AMD-Restrukturierung: Der Countdown läuft

Innerhalb der nächsten 118 Tage will Chairman Hector Ruiz bekannt geben, wie die "Asset-Smart"-Strategie aussieht, die der Firma AMD "dauerhafte Profitabilität" bringen soll.

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Wieder einmal erregen Spekulationen über die von AMD-Chairman Hector Ruiz angekündigte, aber noch nicht im Detail erläuterte "Asset-Smart"-Strategie Aufmerksamkeit. Auslöser war dieses Mal Kirk Ladendorf von der texanischen Zeitung Austin American Statesman: Er zitierte in seinem Blog einen Bericht des Analysten John Lau von der New Yorker Investment-Bank Jefferies & Company. Lau erwartet demnach, dass AMD innerhalb der nächsten 10 Tage seine bisher nur angedeutete Restrukturierung öffentlich ankündigt. Der Analyst hält ein Szenario für möglich, bei dem sich die Firma AMD in zwei Teile aufspaltet. Der eine Teil konzentriert sich auf die Entwicklung und den Verkauf von Prozessoren, Grafikkarten, Chipsätzen und der sonstigen Produkte, die nach dem Verkauf der Sparten für Digital TV (bereits erfolgt) und der Handheld-Grafikchips noch im Angebot verbleiben. Die Fertigung könnte laut Lau in eine separate Firma ausgegeliedert werden, für die AMD dann zusätzliche Partner sucht – etwa Investoren aus dem Nahen Osten, die ja in Form des Investmentfonds Mubadala Development Company aus Abu Dhabi bereits mit 8,1 Prozent an der heutigen AMD beteiligt sind.

Ein künftiger AMD-Fertigungszweig könnte aus den beiden Dresdner Fabs 36 und der im Umbau zur Fab 38 befindlichen Fab 30 bestehen. Hinzu kommt später möglicherweise das in Planung befindliche 32- oder 22-nm-Werk (Luther Forest) im US-Bundesstaat New York. Um dieses Werk realisieren zu können, muss AMD rund 2 Milliarden US-Dollar aus eigener Tasche investieren. Zurzeit hat AMD langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von knapp 5 Milliarden US-Dollar; die Übernahme von ATI im Jahr 2006 hatte rund 5,4 Milliarden US-Dollar gekostet.

Ein separates Fertigungsunternehmen könnte die Auslastung seiner teuren Anlagen steigern, indem es Halbleiterbauelemente für andere Auftraggeber produziert (Chip Foundry). Mit den beiden weltweit größten Foundries TSMC und UMC unterhält AMD bereits Beziehungen, zurzeit aber als Auftraggeber: UMC und TSMC fertigen etwa die Radeon-Grafikchips, die mit der ATI-Übernahme zu AMD kamen. TSMC stellt zudem die Geode-LX-Prozessoren her. Chartered Semiconductor aus Singapur wiederum produziert einen kleinen Teil der AMD64-Prozessoren, vermutlich beispielsweise die restlichen im AMD-Lieferprogramm verbliebenen 90-Nanometer-Prozessoren.

AMD ist nach IBM der zweitgrößte Abnehmer von Silicon-on-Insulator-(SOI-)Wafern der Firma Soitec, die nach eigenen Angaben 80 Prozent des Weltmarkts der Dünnfilm-SOI-Wafer bedient. AMD nutzt eine gemeinsam mit IBM entwickelte Fertigungstechnik und könnte also wahrscheinlich Mitglieder der IBM Alliance leicht mit Halbleiterbauelementen beliefern.

Als möglicher Firmenpartner einer künftig selbstständigen AMD-Fertigungssparte wird schon seit geraumer Zeit TSMC gehandelt. TSMC arbeitet seit einiger Zeit an einem SOI-Fertigungsprozess. AMD hat in der Vergangenheit auch mehrfach darüber berichtet, die Auslastung der eigenen Werke durch Auftragsfertigung steigern zu wollen. Das ist in der Branche üblich; viele auch der weltweit größten und untereinander konkurrierenden Chiphersteller kooperieren bei der Produktion, so fertigen etwa Intel und Micron NAND-Flash-Speicherchips in gemeinsamen Werken, vermarkten aber die Produkte separat.

Hector Ruiz, der mittlerweile nicht mehr als AMD-CEO, sondern als Executive Chairman und Chairman of the Board tätig ist, hatte über Asset Smart bereits 2007 gesprochen. Immer wieder stellen Analysten Fragen zum Zeitplan, etwa bei der Präsentation der Zahlen für das 1. und 2. Quartal dieses Jahres sowie beim Aktionärstreffen im Mai. Im April hatte Ruiz angekündigt, in "naher Zukunft" die Asset-Smart-Strategie zu erläutern, nannte dann aber einen Zeitraum bis spätestens zum Ende des Jahres 2008 – also innerhalb der nächsten 118 Tage. Ein möglicher Termin könnte der Analyst Day am 13. November sein, also in etwa 10 Wochen.

Einige Ziele der Restrukturierung vom AMD hat Ruiz im Mai beschrieben. Im zweiten Halbjahr 2008 soll demnach die operative Wirtschaftlichkeit erreicht werden. Darüber hinaus soll der Break-Even-Punkt um mehrere hundert Millionen US-Dollar sinken. Als kurzfristige Maßnahmen hat AMD deshalb 10 Prozent der Mitarbeiter abgebaut und die Investitionen auf 900 Millionen US-Dollar im Jahr 2008 gesenkt. AMD soll überdies langfristig vorhersagbar profitabel arbeiten, auch wenn – wie zurzeit – nicht alle der jeweils gerade gefertigten Produkte von der Performance her der Konkurrenz überlegen sind. Gleichzeitig soll aber stets die neueste Fertigungstechnik genutzt werden können. (ciw)