Ausprobiert: ÖPNV-Nutzung in Paris mit iPhone und Apple Watch

Erstmals ist es in der EU möglich, ÖPNV-Tickets direkt in der Apple Wallet zu hinterlegen. Wie gut funktioniert das und wäre es auch für Deutschland geeignet?

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Bahnsteigsperren in Paris

Bahnsteigsperren in Paris: Bitte iPhone einmal ans Lesegerät halten.

(Bild: Ben Schwan / Mac & i)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Nutzung von iPhone und Apple Watch als ÖPNV-Ticket ist eigentlich nichts Neues: In Nordamerika und Asien ist dies teils schon seit mehreren Jahren möglich. In der EU und Großbritannien ging es bislang allerdings in unterstützten Regionen wie London, Turku oder Skane nur auf Umwegen: Indem man eine Kredit- oder Debitkarte bei Apple Pay hinterlegte und diese als Check-In- und Check-Out-Medium verwendete. Passend zur Sommerolympiade macht nun Paris als erste europäische Stadt den Anfang mit einem "echten" iPhone- beziehungsweise Apple-Watch-Ticket. Wir hatten die Möglichkeit, dies bei einem Kurzbesuch auszuprobieren.

Wie schon aus Nordamerika und Asien gewohnt, ist der gesamte Ticketing-Vorgang direkt in Apples Wallet-App auf dem iPhone integriert. Dort muss man nur auf das + drücken, "ÖPNV-Karte" auswählen und "Paris" selektieren. Anschließend wird dem Nutzer das Ticket-Angebot präsentiert. Aktuell stehen Tageskarten, Einzeltickets, Mehrfachfahrten sowie Tickets für Flughafen-Züge und Flughafen-Busse zur Verfügung – plus spezielle Tickets, die nur während der Sommerolympiade gelten. Nach der Auswahl klickt man auf "Kaufen" und bezahlt das Ticket mittels Apple Pay, es muss also eine Debit- oder Kreditkarte hinterlegt sein.

Angebot der verschiedenen Pariser Tickets direkt in der Wallet-App.

(Bild: Ben Schwan / Mac & i)

Nach dem Kauf lässt sich selektieren, ob das Ticket auf iPhone oder Apple Watch hinterlegt werden soll. Beide Geräte gleichzeitig erlaubt die Pariser Nahverkehrsgesellschaft leider nicht, obwohl Apple stets iPhone und Watch miteinander koppelt und immer nur ein Benutzer auf diese zugreifen kann. Mit dem Kauf aktiviert sich automatisch auch die sogenannte Expressmodus-Funktion (Express Transit). Diese erlaubt es, ohne Entsperrung direkt das Gerät an den Kartenleser der Bahnsteigsperre (oder an das Lesegerät in Bus oder Tram) zu halten. Der Expressmodus ist sogar noch verfügbar, wenn iPhone oder Apple Watch nahezu keinen Strom mehr haben.

Nach der Hinterlegung ist die Benutzung des ÖPNV-Tickets denkbar einfach: iPhone oder Apple Watch an den Leser halten, Sperre öffnet sich, fertig. In den RER-S-Bahn-Zügen muss das Gerät beim Verlassen des Bahnsteigs erneut gescannt werden, bei der Metro dürfen Stationen direkt verlassen werden. Fährt man Bus oder Tram, hält man iPhone oder Apple Watch einmalig an das Lesegerät. Fahrten werden automatisch in der Wallet-App erfasst und können dort samt Kartendarstellung noch einmal nachvollzogen werden.

Navigo-Ticket in der Wallet-App.

(Bild: Ben Schwan / Mac & i)

Alternativ zur Verwendung der Wallet-App kann man auch die offizielle Pariser Nahverkehrs-App zum Kauf verwenden. Der Vorteil bei "Île-de-France Mobilités" ist, dass man sich dort mit seinen Daten auch einloggen kann und automatisch eine Kaufquittung per E-Mail erhält. Diese fehlt beim Kauf in der Wallet-App leider, obwohl Apple die E-Mail-Adresse per Apple Pay übermitteln könnte, dies aber für die Pariser ÖPNV-Tickets derzeit augenscheinlich nicht tut. Über die Wallet-App ist es auch möglich, mit einem Ticket zwischen iPhone und Apple Watch zu wechseln, wobei manche Ticket-Arten ausgeschlossen sind. Bei dem Wechselvorgang ging uns ein Einzelticket einfach verloren, weil parallel noch eine Tageskarte auf dem Gerät war – eine Anfrage beim Kundenservice blieb zunächst unbeantwortet. Wechselt man von iPhone zu Apple Watch und umgekehrt, wird die Fahrtenhistorie in der Wallet-App leider gelöscht.

Alles in allem funktionierte der Einsatz von iPhone und Apple Watch als Pariser Nahverkehrsticket ohne Klagen. Der direkte Kauf auf dem iPhone spart Zeit am Automaten oder Schalter, man kann bei Ankunft am Flughafen mit ein paar Klicks direkt in den Zug steigen. In Paris gab es zuvor nur die Möglichkeit, ein iPhone zum Ticketkauf über eine physische Navigo-NFC-Karte zu nutzen – diese musste sich bereits im Besitz befinden und wurde dann ans iPhone gehalten, um gelesen beziehungsweise beschrieben zu werden. All das funktioniert nun am iPhone direkt. Störend ist, dass der direkte Kauf in der Wallet-App keine Quittung auslöst. Auch wäre schön, wenn sich iPhone und Apple Watch gleichzeitig als ÖPNV-Ticket nutzen lassen würden, der Wechsel scheint fehleranfällig zu sein. Offenbar sehen hier die ÖPNV-Betriebe die Gefahr, dass die Fahrkarte mehrfach verwendet wird.

Ticket-Wechsel zur Apple Watch.

(Bild: Ben Schwan / Mac & i)

Stellt sich nun die Frage, ob ÖPNV-Tickets per Apple Wallet auch für Deutschland geeignet wären. Tatsächlich arbeiten die Systeme hierzulande etwas anders: Bahnsteigsperren, für die man NFC- oder Magnetkarten braucht, gibt es bei uns nicht. Allerdings wäre es durchaus möglich, den Ticketkauf direkt in Apple Wallet zu ermöglichen und das Ticket darin dann als QR-Code anzuzeigen. Denkbar wäre dies etwa für das Deutschland-Ticket. Allerdings ist dies einem der Hauptanbieter, der HanseCom GmbH mit ihrer entsprechenden App, immer noch nicht gelungen.

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(bsc)