Autonomes Fahren: Forscher arbeiten an Fernsteuerung für brenzlige Situationen

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt testet einen Arbeitsplatz für die bei Robo-Autos hierzulande gesetzlich vorgeschriebenen technischen Aufseher.

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(Bild: Shutterstock/metamorworks)

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Autonome und vernetzte Fahrzeuge sollen in naher Zukunft viele Aufgaben auf der Straße selbstständig bewältigen können. Damit sie künftig auch in kniffligen Situationen, in denen die Bordsysteme nicht weiterwissen, nicht unbedingt sofort anhalten müssen und so den Verkehr behindern, forscht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) an Optionen zur Fernsteuerung solcher Robo-Autos.

Deutschland soll laut der Bundesregierung eine Führungsrolle bei der autonomen Mobilität einnehmen. Der Bundestag beschloss daher voriges Jahr ein Gesetz, um vollautomatisiertes Fahren der Stufe 4 zunächst in festgelegten Betriebsbereichen bundesweit im öffentlichen Straßenverkehr zu ermöglichen. Auf diesem Level übernimmt das System für definierte Anwendungen vollständig die Kontrolle und muss dann von den Insassen nicht mehr überwacht werden.

Ein Kernbestandteil des Gesetzes und der geplanten zugehörigen Verordnung zum autonomen Fahren ist das Konzept einer "Technischen Aufsicht" (TA). An sie sollen sich Robo-Autos per Funk in außergewöhnlichen Umständen wie einer gestörten Ampel oder einer komplizierten, unübersichtlichen Baustelle wenden können. Menschliche Kontrolleure müssen dann aus der Ferne eine Entscheidung etwa über einen möglichst sicheren Halt oder die Bedingungen für eine Weiterfahrt treffen.

Ein Team vom DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik in Braunschweig hat nun einen Arbeitsplatz für solche "Teleoperateure" als Prototyp aufgebaut. Damit wollen die Forscher ganz anwendungsnah untersuchen, welche Informationen TA-Mitarbeiter konkret benötigen, um autonome Fahrzeuge in unklaren Lagen zügig und sicher unterstützen zu können.

Dafür gelte es zunächst, jede Menge grundsätzlicher Fragen lösen, heißt es beim DLR. Zu klären sei etwa: Wie und mit welchen Daten bildet man die zu betreuenden Fahrzeuge am besten ab? Wie viele Fahrzeuge kann eine einzelne Person parallel auf dem Schirm haben und betreuen? Welche Live-Bilder können die Kameras in den hochautomatisierten Fahrzeugen liefern, um der TA bei der Entscheidung zu helfen? Wie lange dauert die durchschnittliche Bearbeitung einer Assistenzanfrage? Und wie lange benötigt ein Teleoperateur, um sich in die jeweilige Situation des Fahrzeugs hineinzuversetzen und eine Entscheidung zu treffen?

Besonders wichtig bei solchen Überwachungsaufgaben sei etwa die sogenannte Vigilanz, weiß DLR-Wissenschaftler Michael Oehl. Damit werde ein "Zustand der andauernden Aufmerksamkeit" bezeichnet. Auch wenn über längere Zeit nichts passiert, dürfe der zuständige TA-Angestellte etwa nicht einnicken. Um Ablenkung, Abschalten und Müdigkeit vorzubeugen, müsse der entsprechende Arbeitsplatz deshalb speziell gestaltet sein. Oehl betont: "Man darf – ähnlich wie bei Zugführern oder in der Flugüberwachung – nicht permanent überfordert, aber auch nicht unterfordert sein."

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Der Forscher erläutert zum Stand der Dinge: "Wir stehen am Anfang der Entwicklung mit vielen Ideen und Konzepten, um die Teleoperation von Fahrzeugen effizient und sicher zu machen." Das Team konzentriere sich aktuell vor allem auf das Zusammenspiel von Mensch und Automation sowie auf die Gestaltung der notwendigen Schnittstelle, also das Human-Machine-Interface (HMI). Dabei gehe es etwa darum, welche Anforderungen der Job stelle und wie das dafür benötigte Umfeld "aus arbeits- und ingenieurpsychologischer Sicht gestaltet sein muss".

In dem bereits entwickelten Szenario könnten Teleoperateure, ausgerüstet mit Monitoren, Bedienoberflächen und Headsets, in einer Zentrale zusammensitzen. Oehl sieht die Teleoperation dabei generell als "Brücke, um bereits vorhandene Technologien im Bereich der Automation zügig in die Anwendung und auf die Straßen zu bringen". Noch seien autonome, auf sich allein gestellte Fahrzeuge nicht marktreif.

Das Konzept der TA ist an sich umstritten. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) etwa kritisierte, dass es damit für jedes Robo-Auto "einen zuständigen Ingenieur" bräuchte, "der darauf wartet, unverzüglich auf Notsignale zu reagieren". Markus Maurer von der Arbeitsgruppe Elektronische Fahrzeugsysteme an der TU Braunschweig gab zu bedenken, dass "die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten dieser Aufsicht viel zu hoch und unverhältnismäßig" sein könnten. Menschen seien generell schlechte Überwacher. Kollegen halten eine TA dagegen für unabdingbar.

(tiw)