Baan hält nur Invensys-Übernahme für fair

Der Vorstand des Softwarehauses Baan sieht das Übernahmeangebot durch Invensys als die einzige Alternative zum Bankrott.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Der Vorstand des Softwarehauses Baan sieht das Übernahmeangebot durch Invensys wegen der damit verbundenen Hilfen, den Geschäftsbetrieb fortzuführen als die einzige Alternative zum Bankrott. Auf einer heute abgehaltenen außerordentlichen Aktionärs-Hauptversammlung informierte das lädierte Softwarehaus Baan seine Aktionäre über Konditionen und Alternativen zur angesteuerten Übernahme des Konzerns durch das britische Unternehmen Invensys.

Vermutlich weil auf dieser gesetzlich vorgeschriebenen informativen Versammlung keine wesentlichen Entscheidungen zur Wahl standen, nahmen dort weniger als 200 Aktionäre teil, die außerdem zu etwa 98 Prozent dem Handel mit Invensys schon zugestimmt hatten. Dennoch brachte die Veranstaltung einige Details zu Tage, die die Chancen, dass der Handel zustandekommt, in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Baan war in den vergangenen Monaten wiederholt wegen Verlustmeldungen, Liquiditätsproblemen und Vorstands-Abgängen ins Gespräch gekommen. Eine lange erwartete Folge war das am 31. Mai verkündete Übernahmeangebot für den angeschlagenen Konzern. Der zu diesem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit getretene Kaufinteressent, der britische Invensys-Konzern, hat ein detailliertes Konzept zur Weiterführung der Softwareschmiede vorgelegt, das außer dem Kaufpreis von 762 Millionen Euro noch 300 Millionen Euro für Investitionen und eine weitere, ungenannte Summe für die Tilgung von Verbindlichkeiten umfasst.

Baans Entscheidung für dieses Angebot entkräftete damit allgemeine Befürchtungen, eine Übernahme des Unternehmens sei für Aufkäufer nur nützlich, um Zugriff auf den Stamm der 7.000 Baan-Kunden zu gewinnen. Geschäftsführer Pierre Everaert bestätigte heute, dass tatsächlich mehrere strategische Angebote vorgelegen hätten, die ausschließlich dieses Ziel verfolgten. Alle diese Offerten seien aber wegen unverträglicher Preisvorstellungen nicht zustande gekommen.

Baans Vorstand hatte schon bei Verkündung des britischen Angebots allen Aktionären zu dessen Annahme geraten und war selbst mit gutem Beispiel vorangegangen. Mittlerweile sind jedoch Widerstände von einigen Baan-Großaktionären gegen den Deal laut geworden. Diese Anteilseigner unter Führung von Ernst Sonneveldt sagen dem Unternehmen mehr als den doppelten Wert dessen nach, was Invensys den Aktionären bietet, und haben noch gestern allen Anteilseignern empfohlen, ihre Aktien wenigstens bis zum 12. Juli nicht abzugeben – das ist der letzte Tag, bevor das Angebot von Invensys abläuft.

Erstaunlicherweise war jedoch heute zu erfahren, dass Sonneveldt bislang weder selbst Kontakt mit Baan aufgenommen habe noch auf der heutigen Hauptversammlung zugegen gewesen sei. Da die Übernahme-Gegner über annähernd 20 Prozent der Baan-Aktien verfügen wollen, bleibt die Situation aber auch weiterhin spannend: Invensys hatte sein Angebot nämlich an die Voraussetzung gebunden, 95 Prozent aller Aktien in die Hände zu bekommen. Sollte das nicht gelingen, dann liegt die Entscheidung nach Everaerts heutiger Erklärung bei den Briten, ob sie den Handel trotzdem abwickeln wollen oder nicht.

Die 95-Prozent-Grenze ist deshalb so bedeutend, weil eine Aktiengesellschaft, die mehr als diesen Anteil ihrer Aktien im Besitz einer einzelnen Person oder Muttergesellschaft hat, die Deregistrierung an der Amsterdamer Börse beanspruchen kann. Dann kommen die Mehrheitseigner los von den ständig schwankenden Unternehmens-Bewertungungen durch den börslichen Aktienhandel. Gibt es dagegen mehr als eine fünfprozentige Aktionärs-Minderheit, ist unsicher, ob die Börsenaufsicht nicht weiterhin von einem funktionierenden Aktienmarkt für dieses Wertpapier ausgeht und vielleicht doch auf einer weiteren Börsennotierung besteht.

Die Lage wird weiter kompliziert durch niederländische Pressemeldungen, die Firmengründer Jan und Paul Baan hätten sich durch jahrelangen ungesetzliche Aktienhandel in Milliardenhöhe auf Kosten des Konzerns bereichtert. Die Amsterdamer Börsenaufsicht STE äußert sich zwar aus rechtlichen Gründen nicht zu diesen Vorwürfen, muss aber noch einige Nachforschungen anstellen, bis man der anvisierten Verschmelzung Aussichten auf Bestand einräumen darf. Dann wird sich vielleicht auch für die beteiligte Vanenburg-Firmengruppe unter Kontrolle der Gebrüder Baan klären, welche Vereinbarungen für die fraglichen Übertragungen an den Baan-Aktienpaketen maßgeblich waren. Vananburgs Sprecherin hatte es nämlich mit den außerordentlich komplizierten Vertragsunterlagen begründet, dass der Konzern die anzeigepflichtigen Transaktionen nicht rechtzeitig gemeldet und nach deren Bekanntwerden erdrutschartige Kurseinbrüche der Baan-Aktie verursacht hatte. (hps)