Be auf der Suche nach Kapital -- oder einem Käufer

Marginale Einnahmen bei hohen Verlusten führen bei Be zum Entschluss, sich nach finanzkräftigen Investoren oder einem Käufer für die Firma umzusehen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Kurz und knapp berichtete das kalifornische Softwarehaus Be über seine Ergebnisse im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs: Einem Umsatz von 100.000 US-Dollar steht ein Verlust von 14 Cents pro Aktie gegenüber. Im ersten Quartal des vergangenen Jahres hatte Be ebenfalls einen Verlust von 14 Cents pro Aktie verbucht. Insgesamt verzeichnete Be einen operativen Verlust von 5,703 Millionen US-Dollar und einen Gesamtverlust von 5,557 Millionen US-Dollar – im vierten Quartal resultierte aus einem Verlust von knapp unter 5,5 Millionen US-Dollar ein Minus von 13 Cents pro Aktie. Bezieht man einmalige Sonderausgaben ein, betrug der Verlust in beiden Quartalen jeweils 15 Cents pro Aktie.

Aber selbst angesichts solch marginaler Umsätzen bei hohen Verlusten sieht Be offiziell Grund zur Freude: Die Umsätze seien hauptsächlich aus Lizenzeinnahmen für BeIA gekommen, dem System für Internet Applicances. Zusätzlich könne man 477.000 US-Dollar verbuchen für Dienstleistungen, um BeIA auf bestimmte Geräte anzupassen; diese würden aber erst im zweiten Quartal in der Bilanz auftauchen. "Wir sind erfreut, zum ersten Mal Umsätze mit BeIA erzielen zu können", meinte P. C. Berndt, Finanzchef von Be. Durch die Sparmaßnahmen, die Be zu Beginn dieses Monats ankündigte, erhofft sich der Hersteller der Betriebssysteme BeOS und BeIA eine Zurückführung der Kapitalausgaben auf unter 1,5 Millionen US-Dollar pro Monat.

Angesichts der geringen Umsätze und der hohen "Burn Rate" für das Kapital fragt sich jedoch mancher, wie lange Be überhaupt noch überleben kann – und Be selbst kommt an dieser Frage auch nicht mehr vorbei. Kurz nach der Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das erste Quartal erklärte das Unternehmen, man habe die Investment-Banker von ING Barings angeheuert, um "verschiedene strategische und finanzielle Alternativen zu untersuchen, um den Shareholder-Value zu maximieren". Das wird die Aktienbesitzer natürlich freuen – denn der Wert der Be-Aktie liegt gerade einmal knapp über einem US-Dollar.

Ob die in Frage kommenden Alternativen außer die Investoren auch die Be-Kunden und BeOS-Fans erfreuen, ist eine andere Geschichte: "Solche Alternativen können einen Zusammenschluss oder eine vergleichbare Geschäftszusammenlegung , eine Mehrheitsinvestitionen oder den Verkauf aller oder entscheidender Geschäfte oder Besitztümer der Firma umfassen, sind aber nicht darauf beschränkt", heißt es bei Be lapidar.

Be-Chef Jean-Louis Gassée machte es etwas deutlicher: "Der Vorstand hat entschieden, dass es im besten Interesse der Aktionäre, der Kunden und der Beschäftigten ist, den möglichen Verkauf der Firma, ein größeres stratgisches Investment oder eine vergleichbare Transaktion zu untersuchen. Auch wenn es keinen Zeitrahmen dafür gibt, ist es unser Ziel, diese Transaktion so rasch wie möglich abzuschließen." Im SEC-Filing, mit dem Be bei der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde den Geschäftsbericht für das Jahr 2000 offiziell machte, hieß es bereits: "Sollten wir nicht in der Lage sein, [...] zusätzliches Kapital zu erhalten, werden wir unsere Geschäfte zurückschrauben müssen [...]. Im Ergebnis [...] könnten wir nicht in der Lage sein, unsere Produkte weiterzuentwickeln, unser Geschäft wie in der Vergangenheit weiterzuführen oder künftigen Marktchancen wahrzunehmen. Dies könnte wiederum materielle Auswirkungen auf unser Geschäft haben."

Im Klartext: Be ging schon zum Zeitpunkt, als der Geschäftsbericht für das Jahr 2000 fertiggestellt wurde, immer schneller das Geld aus. Nun ziehen die Vorstände die Konsequenzen und sind bereit, die Firma komplett zu verkaufen, falls sich nicht ein Investor findet. Ob nun die angebliche Liebe zwischen Sony und Be neu entflammt, bleibt abzuwarten: Über eine mögliche Übernahme der Kalifornier durch den japanischen Konzern wurde schon Anfang dieses Jahres spekuliert; Sony ist zudem eine der ersten Firmen, die ein Surf-Terminal mit BeIA – wenn auch später als ursprünglich geplant – tatsächlich auf den Markt bringt. (jk)