Bremer OHB will komplettes Weltraumsegment für Galileo liefern

Der Raumfahrtkonzern OHB rechnet sich gute Chancen aus, Aufträge für den Bau von Satelliten für das europäische Navigationssystems Galileo zu erhalten. Der zweite Galileo-Testsatellit Giove-B hat unterdessen die ersten Navigationssignale zur Erde gefunkt.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Chef des Satellitenbauers OHB (Orbitale Hochtechnologie Bremen), Marco Fuchs, rechnet sich gute Chancen aus, Aufträge für den Bau von Satelliten für das europäische Navigationssystems Galileo zu erhalten. Gegenüber der WirtschaftsWoche erklärte Fuchs, OHB werde Gebote für alle Galileo-Satelliten sowie für mögliche Einzeltranchen abgeben. "Wir können einen sehr attraktiven Preis bieten", verdeutlichte Fuchs. "Jetzt gibt es einen europaweiten Wettbewerb nach EU-Vergaberecht, beaufsichtigt von der europäischen Raumfahrt-Agentur ESA. Die sorgt für Konkurrenz." Zuvor habe der Rahmenkonsortialvertrag der EADS-Tochter Astrium mit Thales einen Wettbewerb praktisch ausgeschaltet, weil beide das Projekt ohne Ausschreibung bekommen sollten. "Nun sind wir die Alternative."

Die OHB Technology AG war bislang vor allem auf dem Gebiet der Entwicklung von Kleinsatelliten für Wissenschaft, Kommunikation und Erdbeobachtung aktiv, zu den größeren Projekten zählt die Konsortialführerschaft beim militärischen SAR-Lupe-Programm, das fünf Aufklärungssatelliten umfasst, von den vier bereits erfolgreich in ihre vorgesehenen Erdumlaufbahnen transportiert wurden. Darüber hinaus liefert OHB Komponenten für das Ariane-5-Programm, war am Bau des europäischen Forschungsmoduls Columbus für die Internationale Raumstation (ISS) beteiligt und entwickelt ein Landemodul für eine künftige deutsche Mondmission. Mit knapp 1200 Mitarbeitern erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Jahr Umsätze in Höhe von 218,8 Millionen Euro.

Aufträge für das Galileo-System, das später einen kostenlosen offenen Navigationsdienst (Open Service), einen sicherheitskritischen Dienst (Safety of Life Service), einen kommerziellen Dienst (Commercial Service) und einen verschlüsselten, öffentlich regulierten Dienst (Public Regulated Service) bereitstellen soll, werden nach den Plänen der EU-Kommission für sechs Hauptbereiche ausgeschrieben: "Systemtechnische Unterstützung", "Fertigstellung der Missionsinfrastruktur am Boden", "Fertigstellung der Infrastruktur für die Bodenkontrolle", "Satelliten", "Starteinrichtungen" und "Betrieb". Die von der EU mit gut drei Milliarden Euro finanzierte Errichtungsphase des Galileo-Systems soll spätestens 2013 enden, anschließend die Betriebsphase (Management, Instandhaltung, Standardisierung, Vermarktung) beginnen.

Unterdessen hat der am 27. April ins All gestartete zweite Galileo-Testsatellit Giove-B die ersten Navigationssignale zur Erde gefunkt. Genutzt wurde dabei unter anderem das MBOC-Modulationsverfahren (Multiplexed Binary Offset Carrier), das später eine Interoperabilität zwischen Galileo und dem GPS-III-System der US-Amerikaner gewährleisten soll. In den kommenden Wochen und Monaten analysieren verschiedene Einrichtungen wie das Giove-B-Kontrollzentrum auf dem Gelände von Telespazio in Fucino in Italien und das Galileo-Signalverarbeitungszentrum der ESA im Europäischen Zentrum für Weltraumforschung und -technologie (ESTEC) in den Niederlanden Stärke, Mittenfrequenz und Bandbreite der gesendeten Signale und vergleichen die Daten mit den Entwurfsspezifikationen des Galileo-Systems. (pmz)