Bundesnetzagentur: Leistungsdrosslung im Stromnetz nur als letzter Ausweg

Der Leistungsbezug aus dem Stromnetz soll im Notfall gedimmt, aber nicht abgeschaltet werden können, fordert die Bundesnetzagentur.

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Mercedes GLC 300e Ladeanschluss

Im Notfall soll über steuerbare Verbraucher die Leistung gedimmt, nicht gekappt werden, meint die Bundesnetzagentur. Zu den Verbrauchern, die über lange Zeit viel Leistung aus dem Netz brauchen, zählen Wärmepumpen und Elektroautos.

(Bild: heise online / fpi)

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Auf das Stromnetz kommen in den nächsten Jahren neue Herausforderungen zu. Mit der Energiewende sinkt perspektivisch zwar der Primärenergiebedarf, gleichzeitig steigt aber der Strombedarf – und das auch punktuell. Denn sowohl eine Wärmepumpe als auch ein Elektroauto ziehen über einen langen Zeitraum Strom mit hoher Leistung – zumindest im Vergleich zu ansonsten in privaten Haushalten üblichen Verbrauchern. Die Bundesnetzagentur plädiert für einen Anreiz, Strom vor allem dann zu nutzen, wenn er massenhaft zur Verfügung steht, also zu besonders sonnigen beziehungsweise windigen Tagen. Sie sieht eine Drosslung der Leistung für einzelne Hausanschlüsse nur als ultima ratio.

Im November 2022 hatte die Bundesnetzagentur erste Vorschläge vorgelegt. Nach zahlreichen Stellungnahmen wurde diese im Detail überarbeitet. Statt 3,7 sollen nun 4,2 kW stets sichergestellt werden. Damit, so begründet es die Bundesnetzagentur, könnten Wärmepumpen weiter betrieben werden. Ein durchschnittliches Elektroauto könnte innerhalb von zwei Stunden rund 50 km Reichweite nachladen. Die Bundesnetzagentur schlägt vor, im Notfall lediglich den netzwirksamen Leistungsbezug des Einzelanschlusses einzuschränken. Damit würde nicht ein einzelner Stromverbraucher eingeschränkt werden, sondern die Stromabnahme im Haushalt insgesamt herangezogen werden. Hinzu käme, dass Strom aus der eigenen Fotovoltaikanlage nicht in die Drosselung miteinfließen würde.

Als Anreiz, Strom vor allem dann zu verbrauchen, wenn massenhaft Ökostrom im Netz vorhanden ist, soll es einen reduziertes Netzendgeld geben. Angesichts der großen Unterschiede bei der Anschluss- und Verbrauchssituationen schlägt die Bundesnetzagentur verschiedene Modelle der Entgeltreduzierung vor. Dem Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung soll ein Wahlrecht eingeräumt werden. Der Nutzer kann deshalb die Variante eines pauschalen Rabatts auf das Netzentgelt wählen. Dabei gilt eine bundeseinheitliche Regelung zur Bestimmung des Rabatts je Netzbetreiber. Er kann je nach Netzgebiet zwischen 110 und 190 Euro im Jahr betragen.

Über variable gestaltete Netzentgelte könnten die Stromnetze entlastet werden, argumentiert die Bundesnetzagentur. Geht es nach der Bundesnetzagentur, muss der Netzbetreiber dem Verbraucher optional ein variables Netzentgelt in Verbindung mit dem pauschalen Rabatt anbieten. Vorgesehen sind mehrere Zeitfenster mit drei Preisstufen der örtlich geltenden Netzentgelte. Die Zeitfenster und Preisstufen würden pro Kalenderjahr festgelegt und für das gesamte Netzgebiet gelten.

Die neuen Regeln sollen nach weiteren Beratungen im vierten Quartal beschlossen werden und ab Anfang 2024 gelten. "Wir gehen davon aus, dass Eingriffe des Netzbetreibers die zwingende Ausnahme bleiben", sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Es gehe ausdrücklich nur darum, das Netz über eine variable Verteilung der Last im Notfall temporär zu dimmen. Es gehe nicht um Abschaltungen. Wenn Maßnahmen zur Leistungsreduzierung nötig seien und mit weiteren Maßnahmen zu rechnen sei, müsse der Netzbetreiber dies in seiner Ausbauplanung berücksichtigen und Engpässe im Netz zügig beheben, schreibt die Bundesnetzagentur.

(mfz)