Chipmangel spült Toyota an die Spitze des US-Automarkts

Toyota ist erstmals die größte Kfz-Marke in den USA – ohne das anzustreben. GM muss nach 90 Jahren an der Spitze dem Chip-Mangel Tribut zollen.

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Silberfarbener Toyota Tundra Baujahr 2020

Ein Toyota Tundra Baujahr 2020 in Seattle

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.
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2,33 Millionen Kraftfahrzeuge hat Toyota North America 2021 in den USA verkauft (mit den Marken Toyota und Lexus). Das sind 10,4 Prozent mehr, als 2020. Damit überholen die Japaner den US-Konzern GM (General Motors). Die Amerikaner kommen insgesamt auf 2,22 Millionen Kfz (Buick, Cadillac, Chevrolet und GMC). GM hat die US-Verkaufsstatistik seit 1931 ununterbrochen angeführt.

Toyota war damals noch gar nicht gegründet. Im US-Einzelhandel steht Toyota nach eigenen Angaben allerdings schon das zehnte Jahr in Folge an der Spitze. Der Aufstieg zur Nummer 1 im US-Gesamtmarkt samt Flottenkunden ist auf den weltweiten Mangel an Computerchips zurückzuführen. Allerdings hegt Toyota nicht die Absicht, den Platz an der Sonne zu verteidigen. Vor GM zu bleiben "ist nicht unser Ziel", hat Toyota-Manager Jack Hollis am Dienstag klargestellt.

Während andere Hersteller schon lange weniger Fahrzeuge bauen können als vorgesehen, hat Toyota bis in den Sommer 2021 durchgehalten. Die Japaner waren stolz auf ihre engen Beziehungen zu Chiplieferanten. Zudem hat Toyota nach dem Erdbeben im Jahr 2011 sowie der Atomkraftkatastrophe in Fukushima größere Lagerbestände angelegt und robustere Pläne für das betriebliche Kontinuitätsmanagement geschmiedet. Erst seit August trifft der Chipmangel auch Toyota.

Doch selbst danach waren die Folgen offenbar milder. Während Toyotas US-Verkäufe im vierten Quartal um 28 Prozent gefallen sind, beläuft sich der Rückgang bei GM auf 43 Prozent. Das liegt, wie zuvor erwähnt, am Chipmangel, der die Produktion bremst – nicht etwa an Absatzproblemen. Im Gegenteil, die Autokonzerne profitieren von gesunkenen Kosten für Lagerhaltung, weil sich Neufahrzeuge im Nu verkaufen.

Manche nordamerikanischen Autohändler verkaufen Fahrzeuge derzeit sogar mit Aufschlägen auf den Listenpreis. Gleichzeitig steuern die Hersteller ihre Produktion so, dass sie vorwiegend die Modelle mit den höchsten Margen herstellen. Um das zu untermauern, nennt GM ein Verkaufsplus von 65 Prozent für den Cadillac Escalade, einen Zuwachs von 10,5 Prozent bei der Marke Buick sowie einen Zuwachs von 39 Prozent für den Chevrolet Silverado Medium Duty Pick-up als Beispiele.

Toyota freut sich, dass sein Absatz elektrifizierter Fahrzeuge (Elektroautos, hybride und Brennstoffzellen-Fahrzeuge) in den USA um 73,2 Prozent auf 584.000 Stück hochgeschossen ist. Damit fällt jeder vierte in den USA verkaufte Toyota/Lexus in dieses Marktsegment, das Toyota North America bereits seit 22 Jahren anführt.

Der Mangel an Computerchips führt zu höheren Chippreisen, was die Hersteller freut. Allerdings deutet sich bei ihnen ein Mangel an Arbeitskräften an. Wie das Wall Street Journal berichtet, fehlen bis 2025 alleine in den USA 70.000 bis 90.000 Mitarbeiter in Chipfabriken, sofern diese so ausgebaut werden, wie Intel, Samsung und TSMC es angekündigt haben.

Der Arbeitskräftemangel würde sich demnach sogar auf 300.000 Personen erhöhen, sollten US-Firmen sich auf inländische Produktion konzentrieren, statt auch Werke im Ausland auszubauen oder zu errichten. Nur mit deutlich mehr Einwanderung dürfte der von einigen US-Politikern geäußerte Wunsch, vorwiegend in den USA Chips herzustellen, zu erfüllen sein.

Der Arbeitskräftemangel in der Chipbranche ist zumindest zum Teil auf nachlassendes Interesse Auszubildender an Hardware-Themen zurückzuführen. Technikinteressierte Studenten wenden sich zunehmend Software- und Internet-Projekten zu.

(ds)