Coronavirus: Grenzkontrollen, Schulschließungen und Versammlungsbeschränkungen

Geschlossene Schulen und Kitas, eingeschränkter Grenzverkehr und härtere Anweisungen zu Versammlungen. Die Suche nach einem Impfstoff sorgt indes für Streit.

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Grenzkontrollen und Schulschließungen – Corona legt Deutschland lahm

(Bild: MemoryMan / Shutterstock.com)

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  • dpa
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Im Bahnverkehr, an der Grenze, in den Schulen: Das Coronavirus legt das öffentliche Leben in Deutschland zunehmend lahm. Von Montag an werden in Deutschland Schulen und Kitas geschlossen bleiben. Und wie andere Länder auch hat Deutschland beschlossen, seine Grenzen zumindest teilweise zu schließen. Viele Bundesländer untersagen außerdem größere Veranstaltungen – und die Bahn will den Regionalverkehr reduzieren.

"Für Reisende ohne triftigen Reisegrund gilt, dass sie nicht mehr einreisen können", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntagabend in Berlin. Die Entscheidung werde an diesem Montag ab 08.00 Uhr greifen. "Die Ausbreitung des Coronavirus schreitet schnell und aggressiv voran. Wir müssen davon ausgehen, dass der Höhepunkt dieser Entwicklung noch nicht erreicht ist", so Seehofer. "Deutsche Staatsangehörige haben selbstverständlich das Recht, wieder in ihr Heimatland einzureisen." Ausgenommen seien auch der Warenverkehr und der Verkehr von Pendlern.

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Die wochenlange Schließung von Schulen und Kitas in Deutschland stellt derweil Millionen Eltern und ihre Arbeitgeber vor beispiellose Probleme. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte die Maßnahme am Sonntag als notwendig im Kampf gegen das Coronavirus. Zugleich appellierte er an Firmenchefs und Behördenleiter, zusammen mit ihren Mitarbeitern unbürokratische und einvernehmliche Lösungen für die Kinderbetreuung zu finden, so dass den Eltern keine Lohneinbußen drohen.

Ab der neuen Woche sind in Deutschland die Schulen und Kitas quasi flächendeckend zu. Die Anordnungen gelten zumeist bis zum Ende der Osterferien, also bis Mitte oder Ende April. Deutschlandweit gibt es allein 2,8 Millionen Grundschüler. In Tageseinrichtungen und Horten werden 3,7 Millionen Kinder betreut.

Um die Ausbreitung des Virus Sars-CoV-2 zu verlangsamen, untersagten mehrere Bundesländer außerdem Versammlungen unterschiedlicher Größe. So verbot etwa Berlin Veranstaltungen ab 50 Personen.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Sonntagabend für Deutschland über 4800 Coronavirus-Fälle, es gab bis zum Nachmittag (15.00 Uhr) bundesweit zwölf Tote.

Die Deutsche Bahn will in den kommenden Tagen ihren Regionalverkehr deutlich einschränken. Damit reagiere das Unternehmen auf die geringe Zahl an Fahrgästen in Folge der Coronavirus-Krise, sagte eine Sprecherin. Die Zahl der Züge werde an die sinkende Nachfrage angepasst. Ein "Notfahrplan" sei das aber nicht. Außerdem kontrollieren Zugbegleiter in Regionalzügen bis auf weiteres keine Fahrkarten mehr.

Viele europäische Länder schränkten das öffentliche Leben stark ein. In Österreich gilt wegen der Pandemie fast eine Ausgangssperre. Nur aus triftigen Gründen sollen die knapp neun Millionen Einwohner noch ihre Häuser verlassen, wie die Regierung am Sonntag mitteilte. Rund 800 Menschen waren nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann.

Frankreich schloss alle Restaurants, Läden und Bars. Apotheken, Lebensmittelgeschäfte und Banken sollten aber geöffnet bleiben, kündigte Premierminister Édouard Philippe am Samstag an. Laut Gesundheitsbehörden zählte Frankreich am Samstag 4500 Fälle, am Vortag waren es 3661. Es seien 91 Tote zu verzeichnen.

Auch die knapp 47 Millionen Bewohner Spaniens müssen möglichst zu Hause bleiben. Im Rahmen eines Alarmzustands wurden die meisten Läden geschlossen und der öffentliche Nah- und Fernverkehr um rund 50 Prozent reduziert. Nach Italien ist Spanien das von der Krise am stärksten betroffene Land Europas. Bilanz des Gesundheitsministeriums vom Sonntag: mehr als 6000 Infektionen, rund 200 Todesfälle.

US-Präsident Donald Trump, der Kontakte mit mindestens zwei infizierten Menschen hatte, wurde am Wochenende negativ auf das Virus getestet. Trump weise eine Woche nach einem Abendessen mit einer Delegation des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro keine Symptome auf, schrieb sein Leibarzt in einem vom Weißen Haus verbreiteten Schreiben.

Zwischen Deutschland und den USA gibt es unterdessen Streit um ein Tübinger Pharma-Unternehmen, das an einem Impfstoff arbeitet. Auf die Frage, ob es aus der US-Regierung den Versuch gegeben habe, das deutsche Unternehmen CureVac für eine sehr hohe Geldsumme zu übernehmen, sagte Bundesinnenminister Seehofer am Sonntag in Berlin: "Ich kann nur sagen, dass ich heute mehrfach gehört habe von Regierungsmitgliedern, dass dies zutrifft und dass wir da morgen im Krisenstab darüber reden."

Zuerst hatte die Welt am Sonntag über Auseinandersetzungen um die Tübinger Impfstoff-Firma CureVac berichtet. US-Präsident Trump versuche, deutsche Wissenschaftler mit hohen finanziellen Zuwendungen nach Amerika zu locken oder das Medikament exklusiv für sein Land zu sichern, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin.

Ein Exklusivvertrag etwa mit den USA für einen Corona-Impfstoff kommt für CureVac nach einem Bericht der Zeitung Mannheimer Morgen (Montag) indes nicht in Frage. "Wir wollen einen Impfstoff für die ganze Welt entwickeln und nicht für einzelne Staaten", sagte der Geschäftsführer und Mitbegründer des Hauptinvestors dievini Hopp BioTech Holding, Christof Hettich.

Im Sport scheint vor der Krisensitzung der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Montag eine längere Bundesliga-Zwangspause als bis zum 2. April offenbar unausweichlich. Zumindest in Berlin wird laut Senatsbeschluss bis zum 19. April wegen der Coronavirus-Krise kein Profifußball gespielt. (kbe)