EU-Kommision schreibt Entwicklung eines DSA-Alarmsystems aus

Die Kommission sucht im Rahmen einer millionenschweren Ausschreibung Instrumente zur teilautomatisierten Durchsetzung und Überwachung des Digital Services Act.

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(Bild: Cristian Storto/Shutterstock.com)

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Zur Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) baut die EU-Kommission auch auf technische Hilfe. Im Fokus hat sie dabei vor allem den Jugendschutz, die Regulierung von Influencern und deren Werbung sowie süchtig machendes Design mit Tricks wie "Dark Patterns". Die Generaldirektion für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologie der Kommission (DG CNECT) hat dazu am Montag die Entwicklung eines Systems ausgeschrieben, um weitgehend automatisiert Beweise für Verstöße sammeln und die Einhaltung des Plattform-Gesetzes überwachen zu können. Der Auftragswert beträgt 12 Millionen Euro.

Die im Rahmen der Beschaffung bereitgestellten Dienstleistungen sollen laut der Ausschreibung dazu beitragen, das Fachwissen und die Fähigkeiten der EU in Bezug auf systemische und neu auftretende Probleme in allen Mitgliedsstaaten zu entwickeln und die wirksame Umsetzung und Einhaltung des DSA durch Betreiber sehr großer Online-Plattformen zu kontrollieren. Davon erhofft sich die Kommission Unterstützung für "die Aktivitäten der Durchsetzungsteams". Betreiber sehr großer Plattformen im DSA-Sinne müssen Risikoabschätzungen durchführen und ausgemachte Gefahren etwa für die Demokratie, die öffentliche Sicherheit, die Grundrechte und für Kinder minimieren. Dazu gehören Dienste von Big-Tech-Konzernen wie Apple, Amazon, Google, Meta oder Microsoft genauso wie Shopping- oder Porno-Portale.

Der Gewinner des 36-monatigen Vertrags "soll ein Frühwarnsystem einrichten, das technologische Entwicklungen und das Auftreten neuer systemischer Risiken oder digitaler Bedrohungen durch Plattformen in Echtzeit überwacht", erläutert Euractiv. Der Auftragnehmer muss außerdem Instrumente zur Überwachung und Vermeidung weiterer wiederkehrender Gefahren erstellen und die Einhaltung etwa von Online-Werbebestimmungen überwachen. Teil sein soll laut den technischen Spezifikationen eine Analyse zum "Risiko einer Abhängigkeit oder zwanghaften Nutzung" von Social-Media-Diensten. Der Auftragnehmer wird ferner "die Rolle von Influencern beim Verkauf und der Werbung für illegale Produkte" analysieren und "verschiedene Komponenten der Online-Erfahrung Minderjähriger" untersuchen müssen.

Die DG CNECT hat parallel einen Bericht über Desinformation während der Europa-Wahlen im Juni herausgegeben. Große einschlägige Vorfälle gab es demnach – trotz starker Befürchtungen im Vorfeld – nicht. Die Generaldirektion fordert trotzdem, dass der bestehende freiwillige Verhaltenskodex zum Kampf gegen Desinformation rasch in ein formelles Instrument im Rahmen des DSA umgewandelt wird. Die 2018 eingeführte Selbstverpflichtung, die unter Aufsicht der Kommission steht, soll Industriestandards in der EU festlegen. Die Brüsseler Exekutivinstanz stellte aber vielfach Mängel bei der Umsetzung fest und verschärfte die Maßgaben zuletzt 2022.

Zu den Unterzeichnern des Kodex gehören Meta, Microsoft, Google, TikTok und Twitch sowie Werbeorganisationen und Faktenprüfer wie Correctiv. X hat nach der Übernahme von Elon Musk die Vereinbarung im Mai 2023 aufgekündigt. Die Kommission geht bereits davon aus, dass der Dienst generell gegen DSA-Vorgaben verstößt. Mit der Integration des Kodex in den DSA könnte die Brüsseler Aufsicht genauer prüfen, ob und wie die Verpflichteten die Maßnahmen umsetzen. Zudem würden die strengen Sanktionsvorschriften aus der Verordnung greifen. DG CNECT drängt ferner darauf, die Implementierung des Eilreaktionssystems aus der Vereinbarung für künftige Wahlen zu finalisieren.

(olb)