Diesel-Skandal: Ehemaliger Audi-Chef Stadler vor Gericht

Seite 2: Das Herz der Affäre

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Audi auf der CES 2015.

(Bild: dpa, Britta Pedersen)

Bei den drei anderen Angeklagten geht es deutlich weiter zurück – bis ins Herz der Affäre. Der ehemalige Chef der Motorentwicklung, Wolfgang Hatz, sowie Giovanni P. und Henning L. sollen laut Staatsanwaltschaft veranlasst haben, dass die Software von ab 2009 verkauften Diesel-Motoren manipuliert wurde. Diese Motoren seien in gut 434.000 Fahrzeuge von Audi, Porsche und VW eingebaut und in Europa und den USA verkauft worden. Den Schaden beziffert die Staatsanwaltschaft auf mindestens 170 Millionen – vielleicht aber auch mehrere Milliarden – so man für die Autos in den USA davon ausgehe, dass sie unverkäuflich sind.

Hatz, der monatelang in Stadelheim in Untersuchungshaft saß, hat die Vorwürfe vor dem Prozess zurückgewiesen. P. ist nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft weitgehend geständig, sein früherer Mitarbeiter L. uneingeschränkt.

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Die Wirtschaftsstrafkammer unter dem Vorsitzenden Stefan Weickert wird nun prüfen müssen, wer wann was wusste, wer was veranlasst hat. Letztlich geht es darum, wer Mitschuld trägt am Diesel-Skandal, der vor fünf Jahren eine ganze Branche erschütterte. Weickert musste sich nach seinem Wechsel auf den Posten erst einmal in das Thema einarbeiten. In der Schuldfrage geht es auch um Hierarchien: Walter Lechner, Giovanni P.s Anwalt, sagte vor Betreten des Gebäudes in Stadelheim über seinen Mandanten: "Er war nicht Entscheider und er war weisungsgebunden. Er hat Weisungen bekommen. Und Näheres sind dann viele, viele Details, da muss man abwarten."

Die Zahl von zehn zugelassenen Berichterstattern im Gerichtssaal während der Verhandlung sei zu gering, kritisierte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, laut einer Mitteilung. "Das Gericht behandelt das Verfahren gegenüber den Medien so, als würde über einen Taschendiebstahl verhandelt." Dabei gehe es um gigantische Betrugsvorwürfe.

Der Prozess ist nicht der einzige, der in Sachen Diesel-Skandal geführt wird. Eine Flut von Zivilklagen gibt es bereits und auch die Strafjustiz hat gut zu tun, immer wieder ist in der Anklageschrift von anderweitig Verfolgten die Rede. In den USA wurden zwei VW-Mitarbeiter zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. In Braunschweig hat das Landgericht die Anklage gegen den langjährigen VW-Konzernchef Martin Winterkorn zugelassen. Er war bis 2007 Stadlers Vorgänger als Audi-Chef. Der Prozesstermin für Winterkorn ist noch offen.

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
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Den VW-Konzern hat der Dieselskandal mit insgesamt elf Millionen manipulierten Autos bisher 32 Milliarden Euro gekostet – für Schadenersatz, Nachrüstungen, Strafzahlungen. Auch für die Angeklagten könnte es noch sehr teuer werden, sollten sie schuldig gesprochen werden: Laut Strafprozessordnung tragen sie dann die Kosten des Verfahrens – samt Gutachter – und Reisekosten etwa für Zeugen aus den USA. Audi dürfte Abfindungen zurückfordern und von den Vorständen Schadenersatz verlangen.

(anw)