Digital Rights Management: Welche Alternativen sind rechtlich möglich?
Die von Bürgerrechtsorganisationen und Professoren ins Spiel gebrachte "Kultur-Flatrate" ist mit internationalen Verträgen nicht vereinbar, doch als Ergänzung zum Urheberrechtsregime scheint sie machbar.
Alexander Peukert vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum in München hat am heutigen Freitag auf der DRM-Konferenz in Berlin eine Variante der viel diskutierten "Kultur-Flatrate" vorgestellt, die nach seinen Angaben mit internationalen Urheberrechtsverträgen vereinbar ist. Die bisher als "alternatives Kompensationssystem" für die Urheber und Rechteinhaber vorgeschlagene Erhebung einer zusätzlichen Pauschalgebühr auf den Internetzugang verstößt nach Auffassung zahlreicher Experten insbesondere gegen die Berner Urheberrechtskonvention. Diese gibt Künstlern und Verwertern "exklusive" Rechte an die Hand, mit denen sie über die Verfügbarkeit ihrer Werke entscheiden. Eingeschränkt werden können sie nur anhand strikter Kriterien. Peukert will an diesem klassischen Regime nicht rütteln, ihm gleichzeitig aber das alternative zur Seite stellen und so ein "bipolares" System etablieren.
"Der Normalfall wäre dann so wie heute", erläuterte Peukert seine Idee. Die Hoheit der Rechteinhaber würde nicht angetastet. Dazu kommen würde aber die Option für die Urheber, sich dem "Steuersystem" anzuschließen. Die Regierung müsste eine weitere Pauschalabgabe einführen wie bei den Vorschlägen für die Content-Flatrate. Darin hält der Harvard-Professor William Fisher eine Gebühr in Höhe von exakt 5,36 US-Dollar für ausreichend, um die Ausfälle der Medienindustrie durch bislang illegales Filesharing auf dem Stand aus dem Jahr 2000 auszugleichen. Das so eingenommen Geld würde laut Peukert aber allein an die Rechtehalter ausgeschüttet, die ihre Werke für die abgedeckten Peer-2-Peer-Netze (P2P) freigeben. Film-Blockbuster oder die Singles von Megastars würden dann zwar voraussichtlich weiter als "Premium-Content" allein DRM-geschützt verkauft werden. Viele weniger bekannte Künstler würden es aber verlockend finden, ihre Inhalte frei tauschen zu lassen und dafür eine Vergütung zu erhalten. Zudem könnte die P2P-Technik ungehindert weiter entwickelt werden.
Diese schleichende Ausbreitung des pauschalen Vergütungssystems ist in Deutschland bereits im Gange, erklärte Peukert und verwies auf das Münchner Urteil, dem zufolge auf PCs künftig eine 12 Euro hohe Urheberrechtsgebühr erhoben werden soll. Dieser Ansatz würde mit seinem Vorschlag konsequent fortentwickelt, wobei dann aber tatsächlich vermehrt legale Inhalte in die Tauschbörsen wandern und die Nutzer einen Gegenwert für die Abgabe erhalten würden.
Die Ansätze zur "Besteuerung" von Filesharing-Börsen und Breitbandzugängen werden aber auch scharf kritisiert. Die Rechteinhaber würden mit derlei Systemen allein von "sehr mächtigen Vergütungsgesellschaften" abhängen, gab der Amsterdamer Rechtsprofessor Bernt Hugenholtz auf der DRM-Konferenz zu bedenken. "Wenn Sie dachten, die GEMA wäre groß, dann werden die neuen Gesellschaften wirklich gigantisch sein", betonte er. Dabei sei das Vergütungssystem schon heute "sehr intransparent". Hugenholtz kommentierte, das bestehende Urheberrechtssystem werde auf dem digitalen Marktplatz durch einen "vom Staat aufgesetzten Kommunismus" ersetzt. Und dies nur, weil "ein paar Millionen im High-School-System sich nicht angemessen verhalten können".
Susanne Dehmel vom Branchenverband Bitkom warf zudem die Frage auf, ob "wir wirklich das Pauschalsystem auf die ganze Palette digitale Geräte ausdehnen wollen". Schon heute sei das gesamte Verfahren kaum mehr zu administrieren. Zudem käme es zu Marktverzerrungen bei unterschiedlichen Abgabenvorschriften im internationalen Bereich.
Als verkappter Kommunist wollte Fisher in Berlin aber nicht dastehen. Er verwies auf die Tatsache, dass das Urheberrechtssystem schon heute durch zahlreiche staatliche Regeln durchzogen sei, die für eine angemessene Vergütung der Urheber jenseits reiner Marktmechanismen sorgen würden. Zudem würden in seinem Alternativen Kompensationssystem Vergütungen an die Künstler gemessen an der Popularität ihrer getauschten Werke gezahlt und arbeite so "sehr präzise". Fisher sieht daher "mehr kapitalistische als kommunistische Züge" in dem Vorschlag. Rüdiger Grimm von der TU Ilmenau brachte zudem erneut das von ihm mitenwickelte Potato-System ins Spiel, in dem Käufer digitaler Inhalte ohne einschränkenden DRM-Einsatz zu Wiederverkäufern werden können und so prozentual an den Inhalten mitverdienen können.
Zu den Diskussionen und Vorträgen auf der DRM-Konferenz siehe auch:
- Digital Rights Management: Technik, Macht und Vertrauen
- Digital Rights Management: Interoperabilität verzweifelt gesucht
- Das US-Copyright fĂĽr den Rest der Welt
- Digital Rights Management: Was ist drin fĂĽr den Verbraucher?
(Stefan Krempl) / (jk)