Digitalisierung der Verwaltung: Revolution im IT-Planungsrat gescheitert
Zwei Bundesländer wollten dem Bund die Macht über ein wichtiges Digitalisierungsprojekt übergeben, setzten sich aber nicht durch. Nun gibt es Streit ums Geld.

(Bild: LongQuattro/Shutterstock.com)
Für deutsche Verhältnisse wäre es eine Revolution in Sachen Digitalisierung gewesen: Die Bundesländer Bremen und Sachsen-Anhalt wollten dem Bund die Macht über das sogenannte "National Once Only Technical System" (NOOTS) übergeben, wenn dieser im Gegenzug die Kosten allein trägt. Eine zentrale Steuerung und Finanzierung beschleunige die Digitalisierung in Deutschland, argumentierten die beiden Länder.
Doch sie konnten sich mit dieser Kernforderung nicht durchsetzen, weil die Mehrheit der Länder ihren Einfluss auf das NOOTS wahren wollte: Der IT-Planungsrat von Bund und Ländern beschloss am Mittwoch, beim klassischen, komplexeren Modell zu bleiben. Das heißt, Bund und Länder werden das NOOTS gemeinsam finanzieren und steuern.
Das NOOTS ist das technische Herzstück der Registermodernisierung. Über das System sollen die Behörden von Bund, Ländern und Kommunen Informationen über Bürger und Unternehmen untereinander austauschen, wenn diese das erlauben. Dokumente wie Geburtsurkunden oder Meldebescheinigungen müssten dann nicht mehr die Antragsteller beibringen, wodurch massiv Bürokratie abgebaut werden soll.
Die Entscheidungen über die Steuerung, Finanzierung und Nutzung des NOOTS waren innerhalb des Gremiums heftig umstritten. Man habe am Vorabend bis in die Nacht hinein diskutiert, erklärte Bundes-CIO Markus Richter auf einer Pressekonferenz nach der Sitzung. Bei der Abstimmung über den finalen Beschluss enthielten sich mehrere Länder, also nicht nur Bremen und Sachsen-Anhalt, die beiden Initiatoren des Gegenvorschlags.
Länder wollen weniger zahlen
Der nun beschlossene Entwurf enthält noch mehrere offene Punkte, die final im Dezember von der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) geklärt werden sollen. So fordern die Länder nun, dass der Bund einen Großteil der Kosten für das NOOTS übernimmt. Bundes-CIO Richter verwies bei diesem Punkt auf den Umstand, dass die Bundesregierung sich angesichts der bevorstehenden vorläufigen Haushaltsführung mit Finanzierungszusagen schwer tue. Für 2025 und 2026 sei die Finanzierung des NOOTS aber bereits gesichert, betonte Richter. Die Bund-Länder-Digitalisierungsbehörde Fitko stelle dafür Mittel in Höhe von 70 Millionen Euro bereit.
Noch nicht final entschieden ist auch, wie viele Bundesländer in einer geplanten Steuerungsgruppe über das NOOTS entscheiden dürfen. Der aktuelle Entwurf schlägt eine Gruppe aus sechs Ländern (plus Bund) vor. Doch einige Länder, darunter Bremen, wollen diese Gruppe verkleinern, um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen.
Der aktuelle Entwurf reiche nicht aus, um das NOOTS schnell genug umzusetzen, sagte Martin Hagen, Staatsrat beim Senator fĂĽr Finanzen und Bremens Vertreter im IT-Planungsrat, gegenĂĽber c't. "Es besteht aber noch die Chance, jetzt einen entscheidenden Schritt weiter zu gehen und die Governance zu vereinfachen. Das muss jetzt die MPK entscheiden."
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Bremen und Sachsen Anhalt hatten im Vorfeld auch gefordert, dass sämtliche Behörden in Deutschland sich an das NOOTS anschließen müssen. So wollten sie erreichen, dass zum Beispiel auch die Finanzämter ihre Daten bereitstellen. In diesem Punkt erreichten sie einen Teilerfolg: Laut dem neuen Entwurf sollen nicht nur die 51 Register, die bereits im Registermodernisierungsgesetz genannt werden, über das NOOTS kommunizieren. Nun sollen alle Behörden sich anschließen, sobald die technischen und rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Allerdings ist keine Frist für den Anschluss vorgesehen. Die Politik kann also den Anschluss an das NOOTS vermeiden, indem sie die Voraussetzungen nicht schafft.
Der IT-Planungsrat fasste am Mittwoch zahlreiche weitere Beschlüsse, die in den nächsten Tagen veröffentlicht werden sollen. Unter anderem verabschiedeten Bund und Länder erstmals eine gemeinsame IT-Strategie. Diese Dachstrategie sei "der größte Schritt der vergangenen Jahre", sagte Bundes-CIO Richter auf der Pressekonferenz. Es handle sich um ein "klares Signal" an die IT-Dienstleister der Verwaltung, dass man den Wettbewerb stärken und "Inseln aufbrechen" wolle. Außerdem habe man Prinzipien wie Once-Only festgeschrieben.
Über die Beschlüsse des IT-Planungsrates berichtet am Dienstag auch D.digital, das Briefing von c't zum Thema Digitalisierung. Den 14-tägigen Newsletter können Sie hier kostenlos abonnieren.
(cwo)