EU-Kommission fühlt Amazon wegen Empfehlungssystemen auf den Zahn

Die EU-Kommission verlangt von Amazon Auskunft über Maßnahmen, die der Online-Handelsriese zur Einhaltung des Digital Services Act (DSA) ergriffen hat.

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Amazon-Logistikzentrum

Die EU-Kommission fordert detaillierte Informationen über Prozesse und Schnittstellen der Amazon Stores.

(Bild: dpa, Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/dpa)

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Die EU-Kommission hat am Freitag, dem 5. Juli, an Amazon ein Auskunftsverlangen gemäß Artikel 67 des europäischen Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) gerichtet. Damit fordert sie den US-Konzern auf, mehr Informationen über die Maßnahmen zu liefern, die er zur DSA-Umsetzung ergriffen hat. Es geht vor allem um die Vorgaben aus dem Plattform-Grundgesetz zur Transparenz von algorithmischen Empfehlungssystemen und deren Parametern. Der Online-Handelsriese soll darlegen, wie er die Auflagen aus dem DSA zum Anzeigenregister und zur Berichterstattung über die Bewertung von Risiken einhält. Amazon muss die geforderten Informationen bis zum 26. Juli vorlegen.

Laut einer Mitteilung der Kommission bezieht sich die Anfrage zu den Empfehlungssystemen vor allem auf die Eingabefaktoren, Funktionen, Signale, Informationen und Metadaten, die dafür verwendet werden. Zudem muss der Plattformbetreiber die Optionen deutlich machen, die er den Nutzern anbietet, um sich gegen die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen für den algorithmischen Dienst durch Tracking zu entscheiden.

Ferner muss Amazon das europäische Exekutivorgan über die Gestaltung, Entwicklung, Bereitstellung, Prüfung und Pflege der Online-Schnittstelle des Werbearchivs für den Amazon Store in Kenntnis setzen. Der Konzern hatte versucht, genau das gerichtlich zu verhindern. Er führte ins Feld, die Auflage würde die eigenen Grundrechte auf Datenschutz und Freiheit der unternehmerischen Tätigkeit verletzen. Zudem sei der DSA zum Einhegen anderer Geschäftsmodelle gedacht. So schloss sich das Unternehmen einer ähnlichen Klage von Zalando an. Auf der eigenen Plattform bestehe kein "systemisches Risiko" der Verbreitung schädlicher oder illegaler Inhalte durch Dritte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies diesen Antrag mit der Begründung zurück, dass der begehrte vorläufige Rechtsschutz die Wirkung des Plattformgesetzes "möglicherweise um mehrere Jahre" verzögern würde.

Die Kommission will die Antworten im Anschluss auswerten und auf dieser Grundlage die nächsten Schritte festlegen. Das könnte die förmliche Einleitung eines Verfahrens wegen Verstößen gegen den DSA zur Folge haben. Damit würden scharfe Sanktionen mit Geldstrafen von bis zu 6 Prozent des Jahresumsatzes drohen. Zunächst kann die Exekutivinstanz auch Geldbußen für unrichtige, unvollständige oder täuschende Angaben in den Antworten auf das Auskunftsverlangen verhängen. Amazon kündigte an, eng mit der Kommission zusammenarbeiten zu wollen. Diese hat bereits zahlreiche ähnliche Anfragen an andere erfasste Plattformen geschickt und erste Verfahren eingeleitet. Erst vor einer Woche richtete die Kommission vergleichbare Auskunftsverlangen an die chinesischen E-Commerce-Größen Temu und Shein.

(usz)