Elektroautos: Volkswagen plant neues Werk für Projekt Trinity bei Wolfsburg

Wenn der Aufsichtsrat zustimmt, wird in der Nähe des Stammwerks ein neues VW-Werk entstehen.

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Blick ins VW-Werk Emden.

(Bild: Volkswagen)

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  • dpa
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Volkswagen will voraussichtlich ein eigenes Werk für sein grundlegend neues Elektromodell Trinity bauen. Die Fabrik soll in der Nähe des Stammsitzes in Wolfsburg entstehen, kündigte der Autohersteller am Dienstagabend an. Der Aufsichtsrat muss der Entscheidung noch abschließend zustimmen.

Das Vorhaben gilt als einer der entscheidenden Punkte in der Investitionsstrategie für die kommenden fünf Jahre. Den Angaben zufolge soll das Trinity-Projekt in einer separaten Produktionsstätte untergebracht werden – vorgesehen ist eine Art "zweites Werk Wolfsburg". Dessen Aufbau könnte nach Schätzungen aus Konzernkreisen mindestens einige hundert Millionen Euro kosten.

"Entstehen soll die neue Fabrik auf der grünen Wiese außerhalb des Werkzauns", erklärte das Unternehmen. "Infrage kommen dafür verschiedene Standorte im nahen Umland von Wolfsburg." Der eigentlich für diesen Freitag angepeilte Abschluss der VW-Planungsrunde war jüngst auf den 9. Dezember verschoben worden – möglicherweise fällt bis dahin eine endgültige Entscheidung.

Trinity soll im Jahr 2026 voll anlaufen. In dem komplett neu konzipierten Fahrzeugsystem sollen modernste E-Antriebe sowie weitgehend selbst programmierte Software, eigene Vernetzung und Technik des autonomen Fahrens von VW eingesetzt werden. Dazu verwendet die Hauptmarke eine weiterentwickelte Plattform namens SSP, auf die auch Töchter zugreifen können.

Auf dieser technischen Basis sollen insgesamt mehr als 40 Millionen Wagen entstehen. Das größte deutsche Unternehmen will damit vor allem den US-Rivalen Tesla angreifen, der schon jetzt kurz vor dem Start seiner neuen "Gigafabrik" in Grünheide bei Berlin steht.

Kernmarkenchef Ralf Brandstätter erklärte: "Der Wettbewerbsdruck steigt – nicht zuletzt vor der eigenen Haustür. Wir müssen Wolfsburg jetzt fitmachen für die Zukunft." Eine Fertigungszeit von zehn Stunden je Auto sei an den geplanten Trinity-Linien wohl machbar. "Auch das Stammwerk am Mittellandkanal soll anschließend nach diesem Vorbild tiefgreifend modernisiert werden", teilte VW weiter mit.

Der Betriebsrat hatte zuletzt kritisiert, dass Konzernchef Herbert Diess keine hinreichende Strategie für eine stärkere Auslastung Wolfsburgs habe – zumal in der anhaltenden Chip-Lieferkrise, die Zehntausende Menschen teils über Monate in Kurzarbeit hält. Zudem forderte die Belegschaftsvertretung mindestens ein weiteres E-Modell für die Zentrale ab etwa 2024. Hieran will sie weiter festhalten.

Zurzeit entstehen in Wolfsburg Modelle wie der Golf und der Tiguan. Die Produktionslinien für Verbrenner im Stammwerk sollen im Laufe der Zeit nun von vier auf zwei "verdichtet" werden. Ein eigenes Werk für Trinity in direkter Nachbarschaft – auf der "grünen Wiese" wie bei Tesla – könnte gewährleisten, dass das Hauptwerk selbst Montagelinien für andere mögliche Modelle früher und leichter freibekommt.

So ließe sich die alte Fertigung umrüsten, ohne die Vorbereitungen für das neue Großprojekt zu stören. "Die Trinity-Fabrik steht für hohe Auslastung und sichere Beschäftigung in Wolfsburg", betonte die VW-Mitarbeitervertretung in einer internen Publikation. "Mit der Erfahrung aus der Trinity-Fertigung soll Zug um Zug auch das Stammwerk in die Produktion der Zukunft starten und einen grundlegenden Umbau für neue Produkte erfahren."

Ziel ist laut Betriebsratschefin Daniela Cavallo die langfristige Sicherung einer "Jahresproduktion im hohen sechsstelligen Bereich". 2021 droht der Stammsitz nicht einmal die Hälfte der vom Management einst in Aussicht gestellten knapp einer Million Autos zu schaffen. Es könnte das produktionsschwächste Jahr seit Ende der 1950er werden.

Cavallo hatte Diess in den vergangenen Wochen scharf angegriffen, nachdem dieser angeblich erst interne E-Mails für weitere Sparvorschläge im Management verbreitet und dann eine Zahl von möglicherweise bis zu 30.000 überflüssigen Jobs ins Spiel gebracht hatte. Wieder war daraufhin eine Debatte um Arbeitsplatzängste ausgebrochen.

In einer internen Fragerunde mit Beschäftigten betonte Diess am Dienstag, keinen Stellenabbau in Form eines zusätzlichen Sparprogramms in den kommenden Jahren anzupeilen: "Es sollte keiner Angst haben. Wir haben eine Arbeitsplatzsicherung ausgesprochen bis 2029. Es gibt keinen Plan, 30.000 Mitarbeiter abzubauen."

(anw)