Erfahrungswerte: Leica M9 – eine Liebesgeschichte

Seite 2: Erste Probefahrt

Inhaltsverzeichnis

Eine Leica muss man nicht wie die Katze im Sack kaufen. Man bekommt, eine solvente Ausstrahlung vorausgesetzt, beim Fachhändler problemlos ein Testgerät für einen Tag oder übers Wochenende. Vor rund einem Jahr habe ich das mit dem Vorgänger der M9, der Leica M8.2 gemacht. Was soll ich sagen? Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Die M8.2 und ich sind während des gesamten Wochenendes keine Freunde geworden. Die Arbeit mit dem Schnittbildentfernungsmesser war – sagen wir mal – ungewohnt und deutlich langsamer als die maschinengewehrschnelle Canon 5D. Ich vermisste den Punkt-Belichtungsmesser und die Arbeit mit dem kleinen Sensor (Die Leica M8er-Reihe hatte noch keinen Vollformatsensor) empfand ich als suboptimal.

Aber es gab auch Highlights: Mit der Canon 5D kann man nicht wirklich brauchbar manuell fokussieren und damit sind Fotos durch spiegelnde Glasscheiben (z.B. Schaufenster) schwierig bis unmöglich. Das war für die M8.2 gar kein Problem. So lange man es mit dem Auge erkennt, kann man es auch fokussieren.


Die Kamera fällt nicht auf. Es ist mir ein Rätsel, aber die Leica M scheint für die meisten Menschen unsichtbar zu sein. Mit einer großen Spiegelreflexkamera wird man ständig angesprochen; oft "Fachgespräche", auf die man meistens gut verzichten kann. Mit einer Leica M fühlt man sich wie Harry Potter unter dem Unsichtbarkeitsumhang. Wahrscheinlich bemitleiden einen die meisten sogar, weil man mit so einer "alten" Kamera unterwegs ist.


Die Leica M ist leicht. OK, leicht ist auch hier relativ (Der Body wiegt mit einem 50mm-Summilux 920 g), aber man hängt sich die Leica einfach mit dem Tragegurt um und fertig. Die 5D wiegt mit dem 50mm/1:1.2-Objektiv gute 1,5 kg. Der Unterschied klingt nicht gewaltig, doch wenn man so eine Kamera mal einen ganzen Tag getragen hat, sieht man das anders.

Ende 2009 wurde von Leica die M9 vorgestellt. Die kurze Laufzeit der M8 und M8.2 war ein Indiz für den beschränkten Erfolg dieses Modells. Im Unterschied zur "schnellgeschossenen" M8er Reihe hat die M9 einen Vollformatsensor und nicht mehr die allgemein bei der M8 verrissenen Farbprobleme. Ich hatte derweilen andere – zugegeben ein Jammern auf hohem Niveau: Gewicht und Größe der Canon-Ausrüstung und die optische Auffälligkeit der Kamera.

Gerade letzteres ist immer wieder ein Problem. Die Kamera schreit gerade zu nach Aufmerksamkeit, und das ist eigentlich das, was man als Fotograf am wenigsten braucht. Bei den meisten Kompaktkameras dagegen muss man das Bild auf dem Display am Rücken der Kamera komponieren. Für mich nachteilig, von der mangelhaften Lichtstärke der Objektive und den viel zu kleinen Sensoren ganz zu schweigen.

Die Zeit verging und ich erwischte ich mich immer wieder bei der Web-Suche nach M9-Reviews. Vielleicht war ich mit meiner ersten Beurteilung zu vorschnell. Vielleicht brauchten die M und ich einfach mehr Zeit miteinander. Vielleicht war ich ein zu schlechter Fotograf, um die M zu verstehen. Vielleicht war die M9 auch einfach viel besser als die M8.2. Wie auch immer: Ich wollte es noch einmal versuchen. Nur eins war mir klar: An einem Wochenende wird das nichts. Ich musste diesmal mehr Zeit investieren und Leica war so freundlich, mir für diesen Artikel die M9 für einen guten Monat auszuleihen.

Lesen Sie weiter auf Seite 3: Experimentierfreude