Erfahrungswerte: Leica M9 – eine Liebesgeschichte

Seite 6: Preis und Wert

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Der Body der Leica M9 kostet 5495 Euro, das Summilux 50mm (1:1,4) Objektiv allein noch einmal 2795 Euro. Ausrufezeichen! Sie können also für den Preis nur des Summilux-Objektivs auch eine Canon 5D Mark II inklusive eines EF 50mm 1:1,4 kaufen. Für den Preis des Bodys könnten Sie dann zusätzlich einen Satz richtig schöner Objektive erwerben und hätten immer noch Geld übrig. Und das Beste: Finden Sie erst einmal einen Händler, der Ihnen eine Leica M9 mit einem Summilux direkt verkaufen kann! Bei den von mir auf die Schnelle angerufenen konnte ich mich nur auf eine Warteliste setzen lassen.

Mir ist nicht klar, ob diese Knappheit gewollt ist. Auf jeden Fall hilft sie auch bei gebrauchter Hardware, den Preis auf einem hohen Niveau zu halten. Ein Leica-Objektiv kann man jederzeit zu einem Top-Preis verkaufen. Es gibt sogar Objektive, die an Wert gewinnen. Bei den digitalen Bodys betreten wir natürlich Neuland. Aber auch hier zeichnet sich (etwa bei ebay) ab, dass auch gebrauchte M8 oder M8.2 zu guten Preisen zu veräußern sind.

Nachtgesehen: Bilddaten 1/30 sec bei f/1,5, ISO 640, 50 mm (Leica Summilux-M 50mm f/1.4 ASPH.)

Das von mir benutzte Summilux ist ein verdammt gutes Objektiv und es ist meine erste Wahl für die M9. Das Summarit (1:2,5) ist leichter und etwas kürzer, aber die 1:1,4er Lichtstärke ist mir die paar Gramm mehr wert. Wer bei einem Objektiv weder auf Gewicht (700 g), noch auf Grösse (75,1 mm Länge) und erst recht nicht auf den Preis (7995 Euro) Rücksicht nehmen muss, für den hat Leica noch das Noctilux 50mm mit der einmaligen Lichtstärke von 1:0,95 im Programm. Aber auch diese Linse ist bei Fachhändlern nur per Warteliste bestellbar.

Ja! Diese Kamera werde ich mir kaufen; auch wenn ich noch nicht weiß, wovon. Die Rücksendung des Testgerätes war Anlass zu mehrtägiger Trauer. Mit der M9 muss man sich reiben. Aber ist man erst einmal warm geworden, dann sieht man die Vorteile dieser Arbeitsweise und sie ermöglicht neue und bessere Fotos. Es ist ein wenig wie der Umstieg von Zoom- auf Festbrennweiten-Objektive. Am Anfang fuchtelt man immer noch am Objektiv und möchte rein- oder rauszoomen. Die Umstellung fällt nicht leicht. Hat man sich aber erst dran gewöhnt, wird man mit so viel besseren Fotos belohnt, dass man gar nicht mehr verstehen kann, warum so viele Menschen mit Zoomoptiken arbeiten. Die Beschränkung auf das Wesentliche – bei der Festbrennweite ist es die Qualität der Optik – bringt neue Möglichkeiten und man verzichtet im Gegenzug gerne auf andere Annehmlichkeiten.

Man muss die M9 aber mögen, denn Sie hat klare Grenzen. So muss ein Eventfotograf, der damit seine Miete bezahlt, sehr gut oder sehr mutig sein, um mit einer M9 zu erscheinen. Überall, wo schnell gearbeitet wird und mehr auf Durchsatz zu einem definierten Niveau als auf künstlerischen Aspekt geachtet wird, ist man mit einer SDLR auf der sicheren Seite. Das sind aber dann auch genau die langweiligen Hochzeitsbilder, die wir alle zu Genüge kennen. Wer das Besondere sucht und sich vor der Arbeit nicht scheut, für den ist die M9 ideal. Mit der Leica M9 zu arbeiten macht einfach Spaß. Da wird das Fotografieren wieder zur Kunstform.

Zusätzlich zur Arbeit mit dem Messsuchersystem empfinde ich die Unauffälligkeit der Leica-M-Kameras als unbezahlbar. Das geringe Auslösegeräusch ist ein Goodie, aber der Umstand, das die Kamera von den meisten Menschen falsch eingeschätzt wird, ist nicht zu toppen. Wer mit einer Leica M9 auftaucht, wird schlimmstenfalls als verschrobener Hobby-Fotograf eingestuft. Es wird erwartet, das die Kamera mit einem Schwarzweiß-Film bestückt wurde, den der Fotografen eigenhändig in seiner Dunkelkammer entwickelt. Die Leica M9 ist Understatement pur.

Nachtrag: Wie ein Leser zu berichten weiß, hatte Leica noch mit einem technischen Problem zu kämpfen, das wohl auch die Lieferzeit erklärt: Der verwendete Kodak-Sensor hat aufgrund des geringen Auflagemaßes von 27,8 mm Probleme mit Weitwinkel-Optiken, bei denen sich ein seitlicher Magentastich im Bild zeigt. Leica schreibt dazu auf Nachfrage: "Fertigung und Lieferung der M9 laufen planmäßig. Die Nachfrage der M9 übersteigt unsere Fertigungs- und Materialkapazitäten bei weitem.
Die "Magenta" Problematik ist bekannt und gelöst. Die entsprechende Firmware ist derzeit in der abschließenden Prüfung und wird Mitte März als kostenloser Download zur Verfügung stehen." (cm) (cm)