Frankreich fordert automatisierten EU-weiten Abgleich von DNA- und Gesichtsdaten

Seite 2: Automatisierte Massenabfragen – zu "Einzelfällen"

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Im selben Artikel heißt es weiter, dass solche Massenabfragen regelmäßig erfolgen dürften. So sollen die Mitgliedstaaten untereinander Verabredungen treffen können, um "auch zu einem späteren Zeitpunkt automatisierte Abfragen durch Abgleich von DNA-Profilen mit allen in den Datenbanken der anderen Mitgliedstaaten und von Europol gespeicherten DNA-Profilen durchzuführen".

Teile des Entwurfs der Franzosen sind in sich widersprüchlich. So heißt es an anderer Stelle: "Abfragen dürfen nur in Einzelfällen und unter Beachtung derselben Garantien und Schutzmaßnahmen durchgeführt werden, die für ähnliche Abfragen auf nationaler Ebene erforderlich sind." Statewatch moniert zu diesem Punkt: Bei der zuvor für zulässig erklärten massenhaften, automatisierten Suche in und dem Abgleich von DNA-Profilen handle es sich offensichtlich gerade nicht um einen "Einzelfall".

Würde der Vorschlag aktuell umgesetzt, ließe er die Verarbeitung von Millionen sensibler personenbezogener Daten zu, kritisieren die Bürgerrechtler weiter. Die EU-Staaten verfügten Ende 2021 über insgesamt fast 17 Millionen DNA-Proben, wie aus den jüngsten, vom Rat verbreiteten Statistiken zu Gendatenbanken hervorgeht. Mit Ausnahme von Deutschland und Malta sind die DNA-Datenbanken demnach 2021 in allen Mitgliedsländern angewachsen, in Bulgarien etwa um 30 und in Polen sogar um 38 Prozent. Das aufgebohrte Prüm-Netzwerk soll bis 2027 in Betrieb gehen, sodass die Bestände bis dahin noch weiter zunehmen dürften.

Frankreich will obendrein den Schutz der Grundrechte einschränken. So sollen die Abfragen nun nur noch "im Einklang mit dem nationalen Recht des ersuchenden Mitgliedstaats" durchgeführt werden. Bisher lautete die Formulierung, dass hier "dieselben Garantien und Sicherheiten" gelten müssten, "die für ähnliche Abfragen auf nationaler Ebene erforderlich" sind.

Der Ansatz für das Prüm-Upgrade, auch polizeiliche Gesichtserkennungsdatenbanken einzubeziehen, dürfte "das technische Rückgrat eines europaweiten biometrischen Massenüberwachungssystems bilden", beklagt Statewatch. Laut der Kommission soll dabei ein Foto einer unbekannten Person, das etwa eine Überwachungskamera an einem Tatort aufgenommen hat, mit einer Datenbank abgeglichen werden können, die Gesichtsbilder bekannter Personen enthält. Die mithilfe biometrischer Gesichtserkennung ausgegebene Trefferliste werde dann von einer menschlichen Fachkraft im anfragenden Mitgliedstaat überprüft.

In der aktuellen Fassung der Ratspräsidentschaft wird die Pflicht einer menschlichen Kontrolle vor einem Austausch persönlicher Daten gestrichen und stattdessen fakultativ gemacht: "Die nationale Kontaktstelle des ersuchenden Mitgliedstaats kann beschließen, eine Übereinstimmung zwischen zwei Gesichtsbildern manuell zu bestätigen." In diesem Fall informiere sie das entsprechende Land und bestätige die Deckung mit den erhaltenen Referenzdaten. Im Allgemeinen soll der Abgleich von Gesichtsbildern so automatisch erfolgen. Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski hatte jüngst kritisiert, dass schon der Kommissionsentwurf etwa auch über den Einbezug von Europol deutlich übers Ziel hinausschieße.

(tiw)