Hintergrund: Handy-Hersteller unter Druck

Obwohl von Nokia und Ericsson gute Quartalsergebnisse erwartet werden, sehen viele Anleger große Probleme auf die Handy-Hersteller zukommen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Freitag dieser Woche ist Ericsson dran, und Nokia am Donnerstag: Dann sind die Geschäftsberichte der beiden Handy-Hersteller fällig. Nokia nimmt momentan unangefochten Platz 1 auf dem Markt für Mobiltelefone ein, Ericsson ist nach Motorola Dritter, heftig angegriffen von Siemens. Aber obwohl sowohl von Nokia als auch von Ericsson ausgezeichnete Quartalsergebnisse erwartet werden, straften die Investoren die einstigen Lieblinge der Börse schon einmal prophylaktisch ab: Der Kurs der Nokia-Aktie fiel in Frankfurt um 7,6 Prozent auf 36,85 Euro; in New York verlor Nokia am Dienstag fast 7 Prozent und am Mittwoch nochmal rund 3 Prozent. Das Ericsson-Papier musste in Frankfurt einen Rückgang um 8,03 Prozent auf 16,37 Euro verbuchen; in New York fiel die Aktie am Dienstag um 4,52 Prozent und am Mittwoch um über 6 Prozent.

Als Grund für die Bedenken gegen Investitionen in Mobilfunkfirmen sehen viele Beobachter Befürchtungen über das zukünftige Wachstum bei den Handy-Verkäufen. Außerdem gibt es wohl Bedenken, dass neue Mobilfunktechniken zu spät kommen, um in den nächsten Quartalen sinkende Handy-Umsätze beim klassischen GSM-Mobilfunk auszugleichen. So erwarten Analysten einsatzfähige GPRS-Netze nicht vor Ende 2001. Und ob UMTS in Europa wirklich schon 2002 an den Start geht, bezweifeln offensichtlich viele Börsianer.

Von Ericsson erwarten die Börsen allerdings eine Verdreifachung des Gewinns für die ersten neun Monate des Geschäftsquartals gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Dieser Zuwachs ist aber, wie sich schon in den letzten Quartalsberichten zeigte, bei Ericsson vor allem auf Verkäufe von Infrastruktureinrichtungen zurückzuführen, während der schwedische Hersteller bei Handys immer mehr ins Hintertreffen gerät – in diesem Bereich geht man sogar von einem Verlust aus. Bei Nokia erwarten die Börsianer, dass die Gewinne exakt dem Vorjahreszeitraum entsprechen – schon vor einigen Wochen hatte Nokia gewarnt, dass die Resultate durch Verzögerungen bei der Einführung neuer Handys nicht so gut wie erwartet ausfallen würden.

Besonders die Situation im Handy-Markt erweckt allerdings Besorgnisse bei den Analysten. Die Firmen können angeblich wegen Bauteileknappheit nicht so schnell neue Modelle entwickeln wie beabsichtigt. Und die Kunden auf der anderen Seite kaufen offensichtlich nicht so schnell neue Handys als Ersatz für ihre alten Mobiltelefone, wie es die Industrie erhoffte. Vielen erscheinen die aktuellen Geräte völlig ausreichend, und die Handy-Freaks warten zudem lieber auf die neue Gerneration, mit der sie gleich in GPRS- oder gar UMTS-Netzen unterwegs sein können.

Vielleicht haben die Handy-Hersteller aber nur mit einem ähnlichen Effekt zu kämpfen wie die Halbleiter-Hersteller: Trotz ausgezeichneter Umsatz- und Gewinnzahlen befürchten die Anleger, dass irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht sein muss. Da verkauft man dann doch lieber seine Anteile, bevor der große Einbruch kommt. Ob die Hersteller bald wieder auf die nächste Runde im Mobilfunk-Boom mit neuen Techniken und neuen Geräten bauen können, erscheint vielen Analysten doch recht unsicher. Aber vielleicht ändert sich die Situation bei den übernächsten Quartalsberichten schon wieder: Wie bei der Chip-Industrie erscheint die Investition in Mobilfunk-Aktien momentan wie ein Glücksspiel – wenn man nicht mit der Gabe gesegnet ist, aus dem Kaffeesatz sichere Informationen herauslesen zu können. (jk)