UMTS: Lockrufe des Mobilfunks

Für die sieben Telefonkonzern-Riesen geht es um alles oder nichts: Wenn am 31. Juli die Versteigerung der begehrten UMTS-Mobilfunklizenzen beginnt, wird über einen lukrativen Markt der Zukunft entschieden.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Für die sieben Telefonkonzern-Riesen geht es um alles oder nichts: Wenn am 31. Juli die Versteigerung der begehrten UMTS-Mobilfunklizenzen beginnt, wird über einen lukrativen Markt der Zukunft entschieden. Nach dem Motto "dabei sein und siegen" setzen die Bieter alles auf eine Karte, um eine Lizenz der dritten Generation zu ergattern. Mobiles Internet und superschnelle Datenübertragung, M-Commerce (E-Commerce übers Handy) und Multimedia über Handy lauten die Lockrufe des Mobilfunks. Für die vier deutschen Betreiber ist eine UMTS-Lizenz ein Muss. "Sie sind dazu verdammt, eine Lizenz zu ersteigern", schreiben die Telekom-Analysten der Düsseldorfer WestLB Panmure. Gingen sie leer aus, verlöre ihr Kundenstamm deutlich an Marktwert. Auch an der Börse erwarten die Experten im Falle eines Misserfolgs Kursabschläge.

Branchenkenner erwarten, dass T-Mobil (D1) und Mannesmann Mobilfunk (D2/Vodafone) ohne Limit in die Auktion gehen. Die beiden deutschen Marktführer, die inzwischen mehr als 25 Millionen Kunden in ihren Netzen zählen, werden voraussichtlich drei Frequenzpakete ersteigern. Jürgen von Kuczkowski, Vorsitzender der D2-Geschäftsführung, strotzt vor Zuversicht: "Wir haben eine exzellente Ausgangsbasis und ein hochmotiviertes Team." Ähnlich äußert sich Roland Mahler, Generalbevollmächtigter von T-Mobil: "Wir sind bestens auf die Versteigerung vorbereitet."

Als sichere Bank auf eine Konzession gilt ferner E-Plus, die gemeinsam mit Hutchison Whampoa antritt. Erst vor wenigen Tagen hatten sich die niederländische Konzernmutter KPN mit der Mobilfunkfirma aus Hongkong verbündet. Außerdem sitzt die japanische NTT DoCoMo im Boot dieser Gruppe: "KPN und Hutchison werden bei der Auktion eine starke Rolle spielen", sagt E-Plus-Geschäftsführer Klaus Thiemann. Und mit NTT DoCoMo habe man das Potenzial eines Weltmarktführers beim mobilen Multimedia zur Seite. "Wir sind fest entschlossen mit einer UMTS-Lizenz nach Hause zu gehen", betont Maximilian Ardelt von der VIAG Interkom. Die Partner British Telecom und Telenor (Norwegen) sowie der Energieriese E.ON seien voll entschlossen, eine Lizenz zu erwerben. Vor allem die Briten, denen nachgesagt wird, die Mehrheit an dem Unternehmen erwerben zu wollen, können sich einen Flop in Deutschland kaum erlauben.

Ohnehin liefern die britische und die deutsche Auktion gutes Anschauungsmaterial über die wichtigsten Mitspieler der Branche. Fünf große Gruppierungen wollen im Mobilfunk der Zukunft in Europa den Ton angeben: Vodafone/Mannesmann, France Telecom/Orange, Deutsche Telekom, KPN/NTT DoCoMo und die British Telecom. Alle fünf besitzen in Großbritannien eine UMTS-Lizenz und werden vermutlich auch in Deutschland zum Zuge kommen. Nur die Großen können die Preise für die Lizenzen und Kosten des Netzaufbaus schultern. Denn bis es mit UMTS-Diensten ans große Geld verdienen geht, dürften noch einige Jahren vergehen. Die enormen Kosten werden die Bilanzen zunächst stark belasten. Kuczkowski: "D2 ist gut aufgestellt, aber Goldgräberstimmung ist nicht angebracht."

Das Auktionsergebnis in Großbritannien (75 Milliarden Mark) hat die gesamte Branche aufgeschreckt. Die UMTS-Euphorie ist verflogen. Für die Firmen wird es immer schwieriger, Geschäftspläne über einen Markt einzuhalten, der noch entwickelt werden muss. Der Abschied aus UMTS oder die Bildung von neuen Partnerschaften sind die Folgen. Die WestLB Panmure resümiert: Die UMTS-Auktionen würden eine weitere Triebfeder für Allianzen und eine Bereinigung der Branche sein. Auch wenn inzwischen Ernüchterung eingetreten ist, verschenkt werden die Lizenzen nicht. Die Analysten der WestLB rechnen mit fünf Lizenzen und Auktionserlösen von 80 Milliarden Mark. Die Besinnung auf den Selbsterhaltungstrieb, hofft Michael Rebstock von VIAG Interkom, werde dafür sorgen, dass es nicht zu teuer werde.

Je günstiger die Lizenzkosten, umso besser für die Unternehmen. Selbst für den Bund könnten niedrigere Auktionserlöse eine positive Wirkung haben. Denn der Kurs der Telekom-Aktie dürfte weniger Federn lassen und die Staatsbeteiligung (momemtan 58 Prozent) mehr wert sein. Ursprünglich wurden Versteigerungserlöse bis 120 Milliarden DM genannt. Solche Summen haben Begehrlichkeiten von allen Seiten ausgelöst. Doch für Bundesfinanzminister Hans Eichel steht die Verwendung der Mittel längst fest. Er übersetzt UMTS mit: "Unerwartete Mehreinnahme zur Tilgung von Staatsschulden". (Peter Lessmann, dpa) (jk)