Justizministerium will Patent-Trollen entgegenwirken

Seite 2: Vereinzelte Fälle

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Die Richter untersagten Daimler, betroffene Wagen zu verkaufen, was dieser durch den Gang in nächste Instanz aber zu verhindern hofft. Zuvor wurde befürchtet, dass aufgrund des neuen, noch umfassenderen "Patentkriegs" im Automobilsektor die Daimlers Fließbänder stillstehen könnten. Müller vermutet, dass das Ministerium aufgrund dieser Vorgänge bei Paragraf 139 noch einmal nachgebessert haben dürfte.

Das Justizministerium räumt ein, dass es "vereinzelt zu Fällen kommen" könne, "in denen die wirtschaftlichen Nachteile einer gerichtlich gewährten Unterlassungsverfügung über das Maß hinausgehen, das für eine hinreichend abschreckende Wirkung erforderlich ist". Daher erscheine es sachgerecht, ausdrücklich anzuerkennen, dass ein solcher Anspruch "im Einzelfall ausnahmsweise unverhältnismäßig sein kann". Dies dürfe jedoch nicht zu einer "Entwertung des Patentrechts" führen. Ein weiterhin starker Unterlassungsanspruch sei für die deutsche Industrie unverzichtbar.

Das Justizministerium betont, dass die Gesamtumstände des Einzelfalls gewürdigt und alle Umstände sorgfältig abgewogen werden müssen, "auch unter Berücksichtigung der grundsätzlich vorrangigen Interessen des Verletzten an einer Erfüllung seines Unterlassungsanspruchs". Das Ministerium verzichte in seinem Entwurf bewusst darauf, für den Gesetzestext Kriterien oder Regelbeispiele für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzuschlagen.

Mögliche Gesichtspunkte für die Abwägung könnten etwa eventuelle "wirtschaftliche Auswirkungen der Unterlassungsverfügung", "komplexe Produkte" vor allem in der Elektronik-, Telekommunikations-, IT- und Automobilindustrie sein sowie "subjektive Elemente" eines potenziellen Verschuldens und hinreichender Bemühungen um eine Lizenzvereinbarung. Auch "Drittinteressen" sowie die Rechtsfolgen einer Verfügung müssten beachtet werden.

Viele Wirtschaftsvertreter und Organisationen wie der Patentverein fordern seit Jahren eine Novelle des Patentrechts. Sie argumentieren damit, dass vor allem durch vernetzte Komponenten oder das Internet der Dinge Produkte immer komplexer werden. Dadurch hätten Firmen mitunter Schwierigkeiten, alle Patentrechte zu klären und nötige Lizenzen zu erwerben. So häuften sich Unterlassungsklagen.

Auch das Prozessrecht soll mit dem geplanten Gesetz geändert werden, das noch das Bundeskabinett sowie den Bundestag passieren muss: Vorgesehen ist, das Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten und Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht besser zu synchronisieren. Derzeit braucht es oft mehr als zwei Jahre, um einen wackeligen befristeten Monopolanspruch zu Fall zu bringen. Verletzungsklagen lassen sich deutlich schneller durchziehen. So wird häufig eine Unterlassungsverfügung erteilt, bevor überhaupt über die Wirksamkeit des betreffenden Patents entschieden worden ist. Den Appell etwa des BITMi, Softwarepatente klar zu verbieten, hat das Ministerium dagegen nicht aufgegriffen. (anw)