KI-Update kompakt: KI auf der IFA, Urheberrecht, Aleph Alpha, KI-Konvention
Das "KI-Update" liefert werktäglich eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Isabel GrĂĽnewald
- The Decoder
KI in allen Geräten auf der IFA
Die IFA in Berlin präsentiert technische Neuheiten, wobei KI das alles beherrschende Innovationsthema ist. Bei Fernsehgeräten leisten die Sprachassistenten Beeindruckendes und verstehen verknüpfte Anweisungen in natürlicher Sprache. KI wird auch für die Bildoptimierung eingesetzt, um Bildinhalte auf die Displayauflösung zu skalieren und das Bild in Abhängigkeit vom gezeigten Inhalt und Umgebungslicht zu verbessern.
An Haushaltsgeräten soll KI den Nutzerkomfort verbessern und bei Energieeinsparungen helfen, was teilweise an Entmündigung grenzt. Sinnvoller erscheint der Einsatz von KI in der hauseigenen Energieproduktion, um beispielsweise das Zusammenspiel von Photovoltaik, Wärmepumpe, Wasserspeicher und Elektroakku zu optimieren. Dabei geht es um die Optimierung des Energieflusses und Kostenersparnis in Abhängigkeit von Wetter und Gewohnheiten der Hausbewohner.
Stärkstes KI-Modell der Welt als Open Source
Das KI-Start-up OthersideAI hat mit Reflection 70B ein neues Sprachmodell veröffentlicht, das laut Gründer Matt Shumer das derzeit stärkste frei verfügbare Modell ist. In Benchmarks erzielt es Bestwerte und soll sogar mit den besten geschlossenen Modellen wie GPT-4o mithalten können. Möglich macht dies eine neue Trainingsmethode namens "Reflection-Tuning".
Dabei lernen die Modelle in einem zweistufigen Prozess, ihre eigenen Fehler zu erkennen und zu korrigieren, bevor sie eine finale Antwort ausgeben. Dies soll zu präziseren Ergebnissen führen. Die Gewichte von Reflection 70B sind auf der Plattform Hugging Face verfügbar. In der kommenden Woche will OthersideAI mit Reflection 405B ein noch leistungsfähigeres Modell veröffentlichen. Gründer Shumer sieht darin jedoch nur den Anfang weiterer Entwicklungen.
KI-Training ist laut Studie Urheberrechtsverletzung
Die Initiative Urheberrecht (IU) sieht mit einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie den Nachweis erbracht, dass die Nachbildung von Werken durch Modelle für generative KI eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung darstellt. Dies könnte weitreichende Folgen für die weitere Nutzung, etwa von Chatbots, haben.
Der genauere Blick auf die verwendete Technik offenbare, dass "das Training solcher Modelle kein Fall von Text- und Data-Mining" ist, erklärte der hannoversche Rechtsprofessor Tim W. Dornis, der die Analyse zusammen mit dem Magdeburger Informatiker Sebastian Stober vorgenommen hat. "Es handelt sich um eine Urheberrechtsverletzung." Beim Text- und Data-Mining sind laut EU-Gesetzgebung Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen digitalen Werken etwa fürs KI-Training erlaubt, "um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen".
Dazu berechtigt sind allerdings nur Forschungseinrichtungen, sofern sie nicht kommerzielle Zwecke verfolgen, sämtliche Gewinne in die Wissenschaft reinvestieren oder "im Rahmen eines staatlich anerkannten Auftrags im öffentlichen Interesse tätig sind". Die Forscher legen dem Gesetzgeber nahe zu entscheiden, wie das Gleichgewicht zwischen dem Schutz menschlicher Kreativität und der Förderung von KI-Innovationen hergestellt werden könne.
Aleph Alpha steigt aus dem KI-Wettlauf aus
Das deutsche KI-Start-up Aleph Alpha wurde einst als potenzieller europäischer Konkurrent zu OpenAI gehandelt. Nun hat das Unternehmen eine strategische Neuausrichtung angekündigt.
Aleph Alpha wendet sich von der Entwicklung großer Sprachmodelle ab und konzentriert sich nun auf PhariaAI, laut Aleph Alpha ein "Betriebssystem für generative KI" – spezialisiert auf Unternehmens- und Regierungskunden.
Geschäftsführer Jonas Andrulis begründet den Kurswechsel mit Veränderungen am hart umkämpften Markt für Sprachmodelle und der Dominanz finanzstarker Tech-Giganten. Eine wachsende Zahl von Modellen mit vergleichbarer Leistungsfähigkeit konkurriert um dieselbe Kundschaft und ähnliche Einsatzgebiete. Während die Kosten für Nutzer stark sinken, bleiben die Entwicklungsausgaben für die Unternehmen hoch. Sprachmodelle, die für viele Millionen Dollar entwickelt und trainiert wurden, können schon wenige Wochen oder gar Tage nach ihrer Veröffentlichung veraltet und damit wertlos sein.
Trotz einer Finanzierung von über 500 Millionen Dollar im vergangenen Jahr war der Weg von Aleph Alpha von Herausforderungen geprägt, darunter Fragen zur Finanzierungsstruktur und angeblich verfehlte Umsatzziele. Das Start-up beschäftigt derzeit etwa 200 Mitarbeitende und soll einen jährlich wiederkehrenden Umsatz von rund 20 Millionen Euro erwirtschaften. Aleph Alpha setzt den neuen Ansatz bereits um, indem es Behördenmitarbeiter in Baden-Württemberg mit dem KI-System PhariaAI ausstattet. Dieses soll für Aufgaben wie Aktenmanagement und Dokumentenanalyse genutzt werden.
Replits neuer KI-Coding-Agent bekommt begeistertes Feedback
Replit stellt mit Replit Agent einen KI-Assistenten vor, der in wenigen Minuten lauffähige Anwendungen erstellen kann. Der Agent führt ähnliche Aktionen wie ein menschlicher Entwickler aus, bearbeitet Code, installiert Abhängigkeiten und deployt Apps automatisch in die Cloud.
In einer Demonstration erstellte der Agent auf Zuruf eine funktionsfähige App mit lokalen Sehenswürdigkeiten basierend auf dem Standort der Nutzenden. Diese können dem Agenten Feedback geben, mit ihm iterieren und weitere Funktionen hinzufügen. Erste Nutzerberichte sind positiv: Der Replit Agent erstellte unter anderem einen funktionierenden New York Times Wordle-Klon in unter drei Minuten und eine Website zum Teilen von LLM-Prompts mit Voting-Funktion in weniger als zehn Minuten. Der Agent ist derzeit für Abonnenten von Replit Core oder Replit Teams im "Early Access" verfügbar.
GitLab Duo Enterprise soll der neue KI-Partner fĂĽr Entwicklerteams sein
GitLab hat die allgemeine Verfügbarkeit von GitLab Duo Enterprise bekannt gegeben. Der Werkzeugkasten ist bestückt mit auf Künstlicher Intelligenz basierenden Tools, die den Lebenszyklus der Softwareentwicklung begleiten und unterstützen sollen. Er hat laut Ankündigungsbeitrag die Aufgabe, die Produktivität von Entwicklerinnen und Entwicklern sowie die Sicherheit zu steigern, die Zusammenarbeit der Teams zu erleichtern und DevSecOps-Prozesse zu beschleunigen.
Beispielsweise bietet die Plattform Code-Vorschläge in 25 Programmiersprachen, gibt Erklärungen dazu und hilft mittels KI beim Refactoring. Im Fokus der Neuerungen steht die Zeitersparnis beim Programmieren sowie die Steigerung der Code-Qualität. GitLab Duo Enterprise übernimmt das Identifizieren und Beheben von Sicherheitslücken mithilfe Künstlicher Intelligenz und bietet automatische Lösungsvorschläge. Das soll die Anwendungssicherheit erhöhen.
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EU unterzeichnet KI-Konvention
Die EU-Kommission hat im Namen der EU und ihrer Mitgliedstaaten das Rahmenübereinkommen des Europarats über Künstliche Intelligenz und Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterzeichnet. Es ist das erste rechtsverbindliche Instrument über KI mit internationaler Bedeutung. Die EU setze die relevanten Punkte bereits mit dem AI-Act um. Weitere Unterzeichner sind unter anderem Andorra, Georgien, Island, Norwegen, das Vereinigte Königreich, Israel und die USA.
Das Übereinkommen sieht einen gemeinsamen Ansatz vor, damit die Chancen von KI genutzt und die Systeme gleichzeitig mit menschlichen Werten und Rechten vereinbar sind. Es bezieht sich auf KI-Systeme, die möglicherweise in Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingreifen. Kritik wurde bereits während der Verhandlungen laut, da die Konvention den Staaten zu sehr freie Hand lasse und daher kaum Wirkung habe. Die EU-Kommission erarbeitet nun einen Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Rats über den Abschluss des Übereinkommens, dem auch das Europäische Parlament noch zustimmen muss.
EU-Parlament besteht auf digitalem Produktpass fĂĽr Spielzeug
Der federfĂĽhrende Ausschuss fĂĽr Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EU-Parlaments (IMCO) hat sich vergangene Woche einstimmig fĂĽr eine Novelle der EU-Vorschriften zur Sicherheit von Kinderspielzeug ausgesprochen. Die bestehende Richtlinie mit Sicherheitsanforderungen fĂĽr Spielsachen soll demnach in eine Verordnung ĂĽberfĂĽhrt werden, die unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gilt. Hersteller mĂĽssen dem Plan nach fĂĽr jedes Spielzeug einen digitalen Produktpass erstellen und darin detailliert beschreiben, wie es den Vorgaben entspricht. Dadurch wollen die Abgeordneten die MarktĂĽberwachung verbessern und Zollkontrollen an den Grenzen vereinfachen.
Ăśber den ursprĂĽnglichen Vorschlag der EU-Kommission hinaus sollen Verbraucherinnen und Verbraucher auch einfachen Zugang zu Sicherheitsinformationen haben, etwa ĂĽber einen QR-Code. Um Ăśberschneidungen mit bestehendem EU-Recht zu vermeiden, legte der Verbraucherschutz-Ausschuss ferner fest, dass digitale Spielzeuge mit KĂĽnstlicher Intelligenz der neuen KI-Verordnung entsprechen mĂĽssen. Sie sollen demnach als risikoreich eingestuft werden, was eine Bewertung durch Dritte, das Abmildern von Gefahren, Transparenz und menschliche Aufsicht erfordert.
Asien baut neue Rechenzentren fĂĽr KI-Boom in Rekordzeit
Während Europa und die USA beim Bau neuer Rechenzentren nicht mit der zusätzlichen Nachfrage mithalten können, wird die Region Asien-Pazifik zum Vorreiter. Im ersten Halbjahr wurden dort 1,3 GW Serverkapazität hinzugefügt, deutlich mehr als in Europa (138 MW) und den USA (515 MW).
Den größten Zuwachs an Rechenzentrumskapazitäten verzeichnete Malaysia (+80 Prozent), gefolgt von Indien (+28 Prozent). Indiens Kapazitäten haben sich in nur 18 Monaten verdoppelt. Wichtigste Städte sind Tokio, Peking, Sydney, Shanghai, Johor und Mumbai mit jeweils über 1,8 GW Kapazität. Jede einzelne dieser Städte stellt selbst Europas wichtigsten Standort Frankfurt in den Schatten. Was das Wachstum bei den Rechenzentren in der Asien-Pazifik-Region bremst, ist der Mangel an ausreichender Stromzufuhr. In Japan fehlen zudem Fachkräfte, was geplante Projekte verzögert.
(igr)